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·13. August 2025
Do-or-die-Saison für Arsenal: Gelingt Arteta der große Wurf?

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·13. August 2025
Im Norden Londons herrscht vor dem Start in die neue Saison eine gewisse Anspannung. Der FC Arsenal peilt den langersehnten Titel an.
21 Jahre ist es mittlerweile her, als die Gunners sich zum 13. und bisher letzten Mal zum englischen Meister krönten. Damals waren es noch die legendären „Invincibles“ um Thierry Henry und Trainerlegende Arsene Wenger, die die Trophäe ins Emirates holten. Zwei Dekaden, etliche Vizemeisterschaften und einen Absturz ins Tabellenmittelfeld später, greift Arsenal erneut nach den Sternen. Für Trainer Mikel Arteta gibt es keine Ausreden mehr.
Klar, unter dem Spanier hat Arsenal den drohenden dauerhaften Absturz ins Niemandsland der Premier League nicht nur abgewendet, sondern sich wieder zur zweiten Macht im englischen Fußball aufgeschwungen. Aber doch eben immer nur zur zweiten Macht.
2022/2023 war die junge Mannschaft noch nicht bereit, um ManCity über 38 Spieltage hinweg Paroli zu bieten, ein Jahr darauf fehlten Arsenal nach einer phänomenalen Rückrunde nur zwei Punkte auf die Guardiola-Elf. In der vergangenen Saison zog der FC Liverpool früh davon, als die Reds im Frühjahr hin und wieder Zähler liegen ließen, konnte die verletzungsgeplagte Arteta-Elf die Patzer nicht ausrutschen.
Nach einer Saison, in der schwere Verletzungen von Schlüsselspieler wie Kapitän Martin Ödegaard, Aushängeschild Bukayo Saka, Top-Torschütze Kai Havertz und Abwehrchef Gabriel Arsenal immer wieder zurückwarfen, hat sich der Vizemeister zum nächsten Anlauf auf die Krone breiter aufgestellt und gezielt verstärkt.
Foto: Getty Images
Mit Viktor Gyökeres ist endlich der klassische Neuner an Bord, der Arsenal seit vielen Jahren fehlte. Der Schwede, der bei der Generalprobe gegen den Athletic Club ebenso traf wie Havertz, wechselte nach zähen Verhandlungen mit Sporting für 63,5 Millionen Euro zuzüglich Bonuszahlungen ins Emirates und soll dort an seine herausragende Torquote aus Lissabon anknüpfen, wo ihm in 102 Einsätzen 97 Tore gelangen.
Ein neuer linker Flügel steht noch auf der Einkaufsliste der Gunners, Eberechi Eze von Crystal Palace gilt als Wunschlösung. Nationalspieler Noni Madueke kam bereits von Stadtrivale Chelsea und bietet auf beiden offensiven Außenbahnen eine Alternative mit Entwicklungspotenzial.
Im Mittelfeld ersetzt Europameister Martin Zubimendi Thomas Partey, dessen Vertrag ausgelaufen ist. Der passsichere und spielintelligente Spanier passt besser in den Arteta-Fußball als der zweikampfstarke aber fehleranfällige Ghanaer. Christian Nörgaard, als Kapitän von Brentford in den Norden Londons gewechselt, soll als Back-Up fungieren und ist eine physischere Alternative als Zubimendi.
Auch in der Defensive erhält die spanische Delegation bei Arsenal Zuwachs. Christhian Mosquera soll sich hinter den gesetzten Innenverteidigern William Saliba und Gabriel weiterentwickeln, Torhüter Kepa ist ein erfahrener Ersatz für seinen Landsmann David Raya.
Die Transfers des neuen Sportdirektors Andrea Berta haben Hand und Fuß und bieten Arteta Möglichkeiten, sein oft starres Spielsystem an verschiedene Gegner anzupassen. Gerade in der Sturmspitze stehen mit Pressingmonster und Kombinationsspieler Havertz sowie Torgarant Gyökeres zwei unterschiedliche Spielertypen im Kader, die beide auf ihre eigene Art Weltklasse verkörpern können. Auch ein Duo aus beiden ist gerade gegen physisch starke Gegner denkbar, Havertz würde dann wohl auf einer sehr offensiv agierenden Achterposition starten.
Auch abseits der Neuzugänge verfügt Arsenal mit Spielern wie Saliba, Gabriel, Saka, Rice und Ödegaard über Akteure, die wohl in jeder Mannschaft Europas starten würden und bereits seit Jahren zusammenspielen. Dazu kommt: Arsenal musste nicht zur Klub-WM und geht daher – wie auch Titelverteidiger Liverpool – deutlich ausgeruhter ins neue Fußball-Jahr als etwa ManCity oder Chelsea.
In der vergangenen Saison scheiterte der 13-malige Meister aber nicht nur an Überlastung und Verletzungspech, sondern auch daran, dass er über weite Strecken seinen Spielwitz verloren hatte. Arsenals Auftritte waren oft bieder, was völlig konträr zu den vorherigen Jahren unter Arteta stand. Da kam es zur Unzeit, dass Ödegaard zudem die größte Formkrise seiner Arsenal-Karriere ereilte. Der Norweger war sonst stets derjenige, der selbst tief stehende Ketten mit genialen Schnittstellenpässen oder Schüssen aus der zweiten Reihe aushebeln konnte.
Foto: Getty Images
Hoffnung macht, dass der ehemalige Madrilene gegen Saisonende wieder stärker aufspielte und in der neuen Saison wohl auch einige Ruhepausen bekommen wird. Mit dem 18-jährigen Ethan Nwaneri und dem erst 15 Jahre alten Max Dowman drängen sich zwei Top-Talente aus der eigenen Akademie auf und dürften immer öfter zum Einsatz kommen. Schon in der vergangenen Saison schaffte mit Linksverteidiger Myles Lewis-Skelly ein Youngster aus Hale End den Durchbruch.
Dowman und Nwaneri sind flexibel einsetzbar, letzterer ersetzte zu Beginn des Jahres bereits den verletzten Saka auf dem rechten Flügel. Am besten sind beide jedoch im Zentrum, dort können sie Vielspieler Ödegaard entlasten. Gleiches gilt für Mikel Merino auf der linken Acht. Der Spanier musste nach den Ausfällen von Gabriel Jesus und Havertz im Sturm aushelfen und machte seine Sache sehr gut.
Nun kann der Europameister wieder auf seiner Paradeposition agieren und Rice Arbeit abnehmen. Auch das steigert die Flexibilität der Mannschaft. Rice muss nicht mehr jedes Spiel als offensiver Achter bestreiten, kann bei Bedarf auch mal auf der Sechs agieren und Merino den Platz überlassen.
Arteta hat den Kader seit seinem Amtsantritt stetig weiter nach seinen Wünschen geformt und den Stand der Entwicklung gerne in Phasen wiedergegeben. Bis auf den langzeitverletzten Gabriel Jesus stehen alle Spieler gleich voll im Saft, mit der eingespielten Achse und den cleveren Neuzugängen in Spitze und Breite muss der Spanier jetzt die entscheidende Phase seines Projekts bei den Gunners einläuten: Die Phase „Titel“.