Treffpunkt Betze
·23. April 2025
Die unbarmherzige Seite des Geschäfts – und der FCK mittendrin

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Plötzlich ging alles ganz schnell: Während die Spieler nach der 0:2-Niederlage in Braunschweig noch ihre Wunden leckten, berichtete Sky Sport von einer Krisensitzung der FCK-Verantwortlichen. Und während die Fans noch über die Zukunft ihres Cheftrainers spekulierten, folgte die nächste „Bombe“: Nach nur 30 Spielen trennt sich der 1. FC Kaiserslautern von Trainer Markus Anfang und dessen Assistenten Florian Junge. Am späten Dienstagabend präsentierten die Roten Teufel bereits den Nachfolger: Torsten Lieberknecht übernimmt den rot-weißen Trainerstuhl. Als Grund nannte der Verein zunächst nur „die Eindrücke der letzten Wochen“. Wohlgemerkt: Trotz zuletzt durchwachsener Ergebnisse hatte der FCK unter Anfang den fünftbesten Punkteschnitt der letzten zehn Jahre in Liga zwei – und noch realistische Chancen auf den Relegationsplatz. Angesichts dieser Bilanz wirkt die Trennung alles andere als würdevoll.
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Die Ära Markus Anfang ist zu Ende. Und doch war es keine Ära, auch wenn es anfangs ein wenig nach etwas Neuem, nach etwas Großem aussah. Der Ex-Dresdner übernahm den pfälzischen Traditionsclub zur Saison 2024/25 von Friedhelm Funkel, der zum Abschied noch zur „Geduld mit dem neuen Trainer" mahnte: „Das würde dem FCK gut tun.“ Anfang krempelte daraufhin Kader und Spielidee um. Insgesamt 13 Neuzugänge kamen, das System wurde auf Ballbesitz und Attraktivität ausgerichtet. Doch die ersten Spiele waren alles andere als attraktiv. Zwar gelangen zu Beginn noch glückliche Siege, doch anschließend blieb der FCK fünf Spiele sieglos. Nach dem 0:1 in Elversberg am 8. Spieltag wurde bereits über eine frühzeitige Trennung spekuliert.
Nach der anschließenden Länderspielpause zeigte sich Anfang lernfähig, stellte sein System auf eine Fünferkette um – und die Wende begann. Der FCK gewann zwei, dann drei Spiele in Folge. Dem Derbysieg gegen den KSC folgte am 15. Spieltag sogar der zweite Tabellenplatz, ehe nach dem Dämpfer in Darmstadt gegen Köln sogar die Chance auf die Herbstmeisterschaft bestand. Zwar verloren die Pfälzer auch dieses Spiel, legten aber in der Winterpause nach – mit Erfolg: Vier Siege und insgesamt fünf Spiele ohne Niederlage zu Beginn der Rückrunde. Es folgte zwar ein „Realitätscheck“, doch eines verloren die Pfälzer nie aus den Augen: die Aufstiegsränge.
Mit dem Erfolg zum Rückrundenstart zog auch der Geist der Hoffnung auf die Tribünen und in die Köpfe der FCK-Fans ein. Zwar erwies sich die Liga als unberechenbar ausgeglichen, doch mindestens die halbe Pfalz begann mit der ersehnten Rückkehr in die Bundesliga zu liebäugeln. Nicht aber der Cheftrainer, wie er immer wieder betonte. Egal ob Sieg oder Niederlage: Anfang weigerte sich beharrlich, das Wort „Aufstieg“ in den Mund zu nehmen. Stattdessen predigte er stets die Weiterentwicklung und widersprach – selbst nach der 0:2-Niederlage in Magdeburg – der These, man habe den Aufstieg als Ziel ausgerufen. Der kicker bezeichnete diesen Schutzmechanismus als "lächerlich".
Im Nachhinein scheint klar: Auch intern stießen diese Aussagen auf Missfallen. Am Ende bleibt nur die Bilanz: Markus Anfang hat mit dem FCK 13 Spiele gewonnen, in 30 Partien 46 Punkte geholt und Spieler wie Luca Sirch oder Daniel Hanslik enorm weiterentwickelt. Die Roten Teufel haben noch immer realistische Chancen auf den Relegationsplatz und werden das zu Saisonbeginn ausgegebene Ziel einer (tabellarisch) ruhigen Saison definitiv erreichen. Doch die Art und Weise der Trennung sowie der erneut rücksichtslose Umgang mit einem verdienten Trainer lassen etwaige Kontinuitätswünsche der sportlichen Leitung wie Märchen erscheinen.
Wo anfangen beim 1. FC Kaiserslautern? Ein Blick zurück: In der Saison 2021/22 verspielen die Lautrer nach starkem Beginn den direkten Aufstieg, Thomas Hengen trennt sich von Marco Antwerpen – trotz großer Fanunterstützung. Dirk Schuster übernimmt, steigt auf, landet in der Folgesaison im gesicherten Mittelfeld. Es folgt die Chaos-Saison 2023/24. Nach einem Formtief im Herbst und einer eher ordentlichen Hinrunde wird Schuster mit der Begründung „Stagnation ist Rückschritt“ entlassen. Grammozis übernimmt, bleibt erfolglos, wird nach sechs Spielen wieder abgelöst. Unter dem Feuerwehrmann Funkel rettet sich der FCK am 33. Spieltag vor dem Abstieg und übergibt an Markus Anfang. Dieser stabilisiert die Mannschaft, schnuppert an der Tabellenspitze und wird dennoch nach drei Niederlagen in Folge entlassen.
Die Botschaft aus der Chefetage auf dem Betzenberg ist klar: Alles auf Aufstieg. Denn auch folgendes Szenario wäre denkbar gewesen: Ein versöhnlicher Saisonabschluss irgendwo zwischen Platz vier und neun, dazu ein versöhnlicher Abschied von Markus Anfang am Saisonende, gepaart mit einem Neustart unter Lieberknecht zur Saison 2025/26. Auch ein solcher Ausgang der Liaison mit Anfang wäre zwar ungewöhnlich, aber keineswegs aktionistisch gewesen.
So wechselt der 1. FC Kaiserslautern vier Spieltage vor Schluss den Trainer - sehr wahrscheinlich, um den Aufstieg doch noch zu erzwingen. Zwar ist unter Torsten Lieberknecht kaum mit einer Wende oder gar dem Aufstieg zu rechnen – doch andere Rückschlüsse lässt die Personalentscheidung kaum zu. Viel wahrscheinlicher: Der Effekt verpufft – und der nächste Neuanfang steht bevor. Für Markus Anfang ist es jedenfalls ein kleines Déjà-vu, denn auch in den Saisons 2018/19 und 2022/23 musste er beim „Effzeh“ und in Dresden kurz vor Saisonende seinen Hut nehmen. Damals hatte Anfang allerdings einen im Ligavergleich deutlich stärkeren Kader zur Verfügung.
Am Ende gilt im Fußball vor allem eine Weisheit: „Wer trifft, hat Recht“. Schafft der FCK mit Torsten Lieberknecht die Aufholjagd, wird spätestens in der neuen Saison niemand mehr über die Personalie Anfang reden. Wenn nicht, und dieses Szenario gilt als wahrscheinlicher, muss man sich darüber im Klaren sein, dass wieder ein neuer Trainer, ein Kurswechsel und ein Richtungswechsel dazu führen können, dass irgendwann niemand mehr weiß, wohin die Reise eigentlich geht. Denn wer ständig neue Wege einschlägt, verliert irgendwann die Richtung. Vielleicht schafft Lieberknecht das Wunder. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall gilt: Eine ruhige Saison ist auf dem Betzenberg die absolute Ausnahme.
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