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·21. März 2023

DFB-Team stark wie Weltmeister Argentinien? Warum der Vergleich hinkt

Artikelbild:DFB-Team stark wie Weltmeister Argentinien? Warum der Vergleich hinkt

Die deutsche Nationalmannschaft hat sich zuletzt bei drei Großturnieren bis auf die Knochen blamiert. Nach zwei peinlichen WM-Auftritten 2018 und 2022 sowie einer schwachen EM 2021 (Achtelfinalaus) soll nun knapp ein Jahr vor Beginn der Europameisterschaft 2024 in Deutschland ein Neuanfang eingeleitet werden.

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Für den Neuanfang wartete der Deutsche Fußballbund bislang mit zwei Ideen auf: Er gründete Expertengruppen wie vor 20 Jahren und ernannte einen früheren Helden zum Sportchef: Rudi Völler. Doch Rudi Völler legt besonders mit seinem Argentinien-Vergleich einen krassen Fehlstart hin. Oder verfolgt der 62-Jährige einen strategischen Plan?


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Bei einem echten Neuanfang wird in einem altbackenen System eigentlich jeder Stein umgedreht. Externe Berater geben unaufgeregt fachliche Ratschläge, die Protagonisten zeigen Reue und Einsicht - und natürlich sind zeitnah Veränderungen im System zu erkennen. Wo bitte sind diese Kennzeichen eines Umbruchs beim DFB zu beobachten? Statt Aufbruch gibt es eher einen Abbruch einer kritischen Diskussion. Total realitätsfern wirkt dabei Rudi Völler. Regelmäßig betont der Weltmeister von 1990, das deutsche Team sei eigentlich ähnlich stark wie Weltmeister Argentinien. Jedoch:

Argentinien...

- besaß erfahrene und aktuell erfolgreiche Spieler auf Nationalmannschaftsebene (u.a. Südamerikameister)

- bewies großen Teamgeist

- war effizient vor dem gegnerischen Tor

- profitierte von einem starken Defensivverbund und einem Keeper in Topform

- setzte nahezu jeden Spieler gemäß seiner Stärken ein

- konnte sich glücklich schätzen, einen Trainer mit gutem Matchplan und Ingame-Coaching-Skills zu haben

Deutschland dagegen....

- besaß nahezu nur Großturnier-Rookies, kaum ein Spieler kam auf mehr als fünf Einsätze bei einer EM oder WM. Und selbst erfahrene Spieler wie Thomas Müller hatten ihre beste Zeit vor acht Jahren - bei der WM 2014.

- wirkte zerstritten. Wie später sich herauskristallisierte, gab es offenbar neben den Eifersüchteleien um Startplätze (Goretzka vs. Gündogan) auch unterschiedliche Ansichten zum Beispiel in Sachen One-Love-Binde

- war ineffizient vor dem gegnerischen Tor

- wirkte in der Defensive chaotisch und musste mit Manuel Neuer schon wieder einen Keeper im Formtief durch das Turnier schleppen

- setzte kaum einen Spieler auf seiner angestammten Position ein, angefangen bei Mittelstürmer (Thomas Müller) und Rechtsverteidiger (Niklas Süle)

- besaß einen Trainer, der einem Totalausfall gleichkam, weil er bei Aufstellung und Ingame-Coaching schwere Fehler beging

Diese Erkenntnisse lassen sich in vielen nationalen wie internationalen Bewertungen ohne Probleme zusammentragen. Rudi Völler ist Weltmeister von 1990, als Trainer führte er das DFB-Team ins WM-Finale 2002 und als Manager von Bayer Leverkusen konnte er einst ebenfalls Erfolge verbuchen. Bei der Analyse der WM und dem Vergleich zwischen Deutschland und Argentinien sollte der Routinier demnach zu einem ähnlichen Urteil kommen. Hat Rudi Völler womöglich seinen Fußball-Sachverstand verloren?

Die Antwort liegt auf der Hand: Nein, er hat seinen Fußball-Sachverstand nicht verloren.

Zu den Stärken von Rudi Völler als Funktionär zählt es jedoch, strategische Nebelkerzen zu zünden. Früher griff Völler verbal gerne Journalisten, Experten und Schiedsrichter derbe und wütend an, um von mancher Krise seiner Mannschaft abzulenken. Auch nun hat Völler offensichtlich einen Plan: Er will das am Boden liegende Fußball-Deutschland wieder aufpeppeln, er will Mut machen - und was gibt es da Schöneres, als zu erzählen, Deutschland sei ähnlich stark wie Weltmeister Argentinien?

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