90PLUS
·6. März 2025
Deutliche Leverkusen-Niederlage beim FC Bayern: Hat sich Xabi Alonso vercoacht?

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·6. März 2025
Der FC Bayern feierte am Mittwochabend einen Statement-Sieg gegen Bayer 04 Leverkusen. In der heimischen Allianz Arena gewann der Rekordmeister mit 3:0. Harry Kane traf doppelt, Jamal Musiala profitierte von einem Kovar-Fehler beim zwischenzeitlichen 2:0.
Die Werkself hatte in diesem Spiel kaum eine Chance. Lediglich Jeremie Frimpong tauchte einmal alleine vor Manuel Neuer auf. Das war es aber auch schon in den gesamten 90 Minuten. Der xG-Wert der Werkself lag am Ende bei unter 0.4, der des FC Bayern deutlich über 3. Es war ein großer Unterschied zwischen beiden festzustellen, als Bayern im siebten Anlauf endlich Xabi Alonsos Leverkusener schlug. Doch welchen Anteil hatte der spanische Trainer daran?
Als die Aufstellungen für das innerdeutsche Duell in der Champions League bekannt gegeben wurden, zeigte sich, dass Xabi Alonso seiner Strategie aus den letzten Spielen gegen Bayern weiterhin vertraut. Er spielte nämlich ohne klassischen Stürmer. Amine Adli spielte auf der 9, dahinter agierten Florian Wirtz und Jeremie Frimpong. Wirtz als Halbraumzehner, weil Aleandro Grimaldo links nach vorne unterstützte, Frimpong klassisch über die rechte Seite kommend, weil hinter ihm Nordi Mukiele absicherte. Dadurch, so der Plan, sollte wie in den letzten Spielen auch das Zentrum dichtgemacht werden. In den vergangenen Spielen gelang es gut, die Kreise von Jamal Musiala und Harry Kane durch ein klares personelles Übergewicht in der Zentrale einzuschränken.
Diese Idee ging diesmal allerdings nicht auf. Aus zwei Gründen: Leverkusen war nicht ganz so scharf in den Zweikämpfen und nicht ganz so wach im Spiel gegen den Ball wie in der Vergangenheit. Und Bayern beherrschte eben diese Elemente am Mittwochabend brillant, spielte zudem noch sehr fluide nach vorne. Deswegen musste Leverkusen immer wieder einen Spieler aus dem Zentrum auf die Außen schieben, um zu unterstützen. Das sorgte wiederum dafür, dass die Schlüsselspieler im Bayern-Spiel mehr Platz hatten. Und da sie auch im Kopf schneller waren als in den letzen Partien gegen Alonsos Leverkusen, nutzen sie das eiskalt aus.
Es lag also auch am FC Bayern, dass der Alonso-Plan diesmal nicht aufging. Leverkusen musste häufiger mit langen Bällen operieren, um sich zu befreien, hier fehlte dann aber ein Spieler, der die Bälle festmachen konnte. Ein weiterer, essenzieller Punkt: Bayern schaffte es, das Spiel der Leverkusener an Florian Wirtz vorbeizulenken. Weil Leverkusen nominell eher defensiver ausgerichtet war, konnte Bayern mit seinen eigenen Mitteln immer wieder dafür sorgen, den Spielmacher zu doppeln. Frimpong war bei Davies gut aufgehoben, einer der Innenverteidiger kümmerte sich um Adli, das gute Pressing schränkte die Kreise von Granit Xhaka ein und so konnte Wirtz phasenweise isoliert werden. Auch wenn der Offensivstar zuletzt besser drauf war als Musiala: Am Mittwochabend ging das „Duell“ an den Bayern-Profi.
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)
Ohne Wirtz‘ Ideen konnte Leverkusen sein Offensivspiel nicht wie gewohnt aufziehen. Ihm hätte es gut getan, entlastet zu werden. Dass er in einem solchen Spiel vorzeitig vom Feld geht, ausgewechselt wird – das liegt nicht im Naturell dieses großartigen Spielers. Probleme im offensiven Bereich nach dem Platzverweis sind in gewissem Maße nachvollziehbar, aber Bayern zeigte im Pokal in 70-minütiger Unterzahl auch, dass man mit einem Mann weniger sehr gefährlich werden kann. In jedem Fall fand Leverkusen in keiner Phase des Spiels Mittel und Wege, um seinen Spielmacher so gut einzusetzen wie in vielen anderen Spielen. Auch hier stellt sich wieder eine essenzielle Frage.
Nämlich: Hätte Alonso früher, vielleicht schon zur Pause, reagieren müssen? Schließlich war die Bank absolut gut besetzt. Patrik Schick, der 2025 in brillanter Verfassung ist, hätte Einfluss nehmen können. Zumal ein echter 9er dafür gesorgt hätte, dass sich die Statik des Spiels verändert. Bayern hätte die Box anders verteidigen müssen. Dadurch hätte Leverkusen mehr Spielraum gehabt, um im offensiven Drittel zu kombinieren. Auch der Mukiele-Platzverweis kam nicht ohne Ansage. Auf der rechten Seite hatte er große Probleme, das gesamte Spiel über. Nach 61 Minuten sah er die Ampel-Karte. Alonso muss sich zumindest die Nachfrage gefallen lassen, warum er nicht früher reagierte und Nathan Tella für ihn brachte. Auch eine Wirtz-Unterstützung in persona Jonas Hofmann, der ebenfalls spielmachende und kombinative Elemente einbringt, wäre eine Idee gewesen.
Doch Alonso wechselte spät, erstmals in der 68., dann erst nach der 80. Minute. Und mal ehrlich: Der Wechsel nach dem Platzverweis, also Edmond Tapsoba für Adli, war der endgültige Sargnagel für die Offensivbemühungen. Leverkusen konnte nicht einmal mehr einen gezielten Konter vortragen, Bayern fing die Gegenangriffe schon an der Mittellinie ab. Schick kam zwar nach 81 Minuten für Wirtz, gleichzeitig ersetzte Alonso aber Frimpong durch Arthur, der auch wieder eher defensiv ausgerichtet war. Es stellte sich keine gute Balance im Spiel der Werkself ein. Und diese hatte am Ende noch Glück, nur mit 0:3 verloren zu haben.
Für das Rückspiel muss Alonso also Lösungen finden. Dass er das gegen Bayern kann, hat er bereits gezeigt. Doch ein 3-Tore-Rückstand ist eine ganz andere Hausnummer, in einem Wettbewerb, in dem der Rekordmeister deutlich mehr Erfahrung hat. Und klammert man die beiden 3:0-Spiele, jetzt in der Königsklasse und im Titelkampf der Vorsaison, aus, dann lauteten die letzten Ergebnisse: 0:0, 0:1, 1:1 und 2:2. Das verdeutlicht die Schwere der Aufgabe. Diese hätte vielleicht etwas „leichter“ werden können. Doch das werden wir nicht herausfinden, weil Xabi Alonso eben nicht schon zur Pause reagierte.
(Photo by Alexander Hassenstein/Getty Images)