Der Spieler der Woche: Wie viel Juwel steckt in Jacob Bruun Larsen? | OneFootball

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Niklas Levinsohn·3. Oktober 2018

Der Spieler der Woche: Wie viel Juwel steckt in Jacob Bruun Larsen?

Artikelbild:Der Spieler der Woche: Wie viel Juwel steckt in Jacob Bruun Larsen?

Stärken

Jacob Bruun Larsen ist zwar Däne, aber auf dem Platz ist er vielmehr eine Art Schweizer Taschenmesser. Sicher am Ball, aber nicht mit der technischen Finesse eines Jadon Sancho gesegnet. Er ist schnell, kommt jedoch nicht an das atemberaubende Tempo von Christian Pulisic ran. Sein Abschluss ist gut bis sehr gut, aber nicht herausragend. Der Charme des dänischen Durchstarters, der gegen Nürnberg und Leverkusen seine ersten beiden Bundesliga-Treffer erzielte, liegt in seinem Gesamtpaket.

Mit 1,83 Metern ist Bruun Larsen überdurchschnittlich groß für einen Flügelspieler und dementsprechend robust in der Zweikampfführung. Der Junge aus Lyngby, einem Vorort von Kopenhagen, weiß, wie er seinen Körper geschickt zwischen Ball und Gegner stellt. Nicht umsonst testete ihn Thomas Tuchel zunächst als Außenverteidiger. Auch gegen Nürnberg und Leverkusen sicherte Bruun Larsen oft geschickt die Bälle und ermöglichte es so dem Rest der Mannschaft, nachzuschieben.


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Taktisch arbeitet er im Dortmunder 4-1-4-1 diszipliniert gegen den Ball und fügt sich nahtlos in das Spielsystem von Lucien Favre ein. Mit 85,1 Prozent ist seine Passquote auffällig hoch für einen Offensivakteur. Seine offensichtliche Spielintelligenz macht ihn auf dem Platz zu einem gefragten und vor allem zuverlässigen Kombinationspartner.

Insbesondere mit Marco Reus harmoniert er dabei bislang hervorragend. Alles andere als ein Zufall. „Bei meinen ersten Tagen hier in Dortmund habe ich auch ein bisschen mehr zu ihm geguckt und geschaut, wie er sich verhält auf dem Platz“, erzählte Bruun Larsen im Gespräch mit den ‚Ruhr Nachrichten‘.

Das scheint sich nun bezahlt zu machen. Vor dem 4:0 gegen Nürnberg durch Marco Reus startete der Däne einen perfekt getimten Lauf in den Sechzehner und legte dem BVB-Kapitän, von dem er den Ball gerade erst erhalten hatte, die Kugel durch die Beine eines Abwehrspielers einschussbereit vor.


Schwächen

Die Leistungen Bruun Larsens gleichen noch zu oft einer Achterbahnfahrt: Dreierpack gegen Zürich, Viererpack gegen Osnabrück, Debüt-Tor und Traum-Assist gegen Nürnberg, aber dann ein über weite Strecken blasser Auftritt in Leverkusen – trotz seines Anschlusstreffers zum 1:2.

Die schwarzgelbe Offensive kam gegen die Bayer-Elf erst durch die Einwechslungen von Paco Alcácer und Jadon Sancho ins Rollen. Spielt Dortmund gut, spielt auch Bruun Larsen gut. Aber bislang schafft er es – beispielsweise im Gegensatz zu Sancho – nicht, auch in schwierigen Phasen entscheidenden Einfluss auf die Partie zu nehmen.

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Überhaupt sind die Zweifel an Bruun Larsens langfristiger BVB-Zukunft weniger dem Spieler selbst und mehr seiner Konkurrenz geschuldet. Aktuell scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis sich Alcácer im Sturm der Dortmunder festsetzt. Und auch Jadon Sancho wird angesichts seiner derzeitigen Leistungen eher früher als später in die Startelf von Favre drängen. Die verbleibenden beiden Plätze sind im Normalfall für Marco Reus und Christian Pulisic reserviert. Will Bruun Larsen sich unverzichtbar machen, muss er also vor allem weiter Scorerpunkte liefern.


Persönliche Entwicklung

„Es kommen ganz junge, hochtalentierte Burschen nach und ich könnte jetzt schon heulen, dass ich die nicht trainieren werde“, prophezeite Jürgen Klopp vor etwas mehr als drei Jahren bei seiner Abschieds-Pressekonferenz in Dortmund. Dabei hatte er vor allem den 98er Jahrgang der Schwarzgelben im Sinn, der gerade Meister in der B-Junioren-Bundesliga geworden war. Zwischen verheißungsvollen Namen wie Felix Passlack und Christian Pulisic ging fast ein wenig unter, dass auch Jacob Bruun Larsen zu der damals noch von Hannes Wolf trainierten Ausnahmemannschaft gehörte.

Pulisic feierte im Januar 2016 sein Bundesliga-Debüt, Passlack im März. Bruun Larsen musste sich dagegen noch bis zum 20. September 2017 gedulden. Gegen den HSV durfte der junge Däne einen Tag nach seinem 19. Geburtstag sieben Minuten auf der Linksverteidigerposition ran. Während der US-Amerikaner schon längst ein Eckpfeiler des BVB-Erfolgs geworden ist, sah es bei Bruun Larsen vor kurzem noch so aus, als würde er einen ähnlichen Weg wie Felix Passlack einschlagen.

Der damalige Mannschaftskapitän des B-Jugend-Meisters erlebte im vergangenen Jahr eine enttäuschende Leihe nach Hoffenheim und sitzt aktuell leihweise beim englischen Championship-Klub Norwich City auf der Bank. Auch Bruun Larsen kehrte im Sommer von einem unbefriedigenden Intermezzo in Stuttgart zurück. Gerade einmal 104 Minuten stand er beim VfB in der Rückrunde auf dem Rasen. Über seine Zeit bei den Schwaben sagt der dänische U21-Nationalspieler: „Jetzt habe ich gesehen, wie schwer Fußball manchmal sein kann.“

Entsprechend galt er in der zurückliegenden Transferperiode als Kandidat für einen Abgang. Doch Neu-Coach Lucien Favre wollte sich zunächst ein Bild vom inzwischen 20-Jährigen machen. Bruun Larsen nutzte die Gelegenheit und spielte sich während der US-Tour des BVB in den Vordergrund. Favre legte sich fest: Der Däne bleibt hier. Eine gute Entscheidung. Inzwischen bringt die dänische Tageszeitung ‚Politiken‘ den Jungspund schon als Kandidat für die Nationalmannschaft der Skandinavier ins Gespräch.


Ein Spieler wie…

In Dortmund gab es vor wenigen Wochen noch einen Großverdiener mit vergleichbaren Anlagen. Er ist der Rekordtransfer des Vereins und hört auf den Namen André Schürrle. Zu seinen besten Zeiten war der 30-Millionen-Mann ähnlich wie der junge Däne ein gradliniger Außenstürmer, der mit seinem Gefühl für gute Laufwege und einem breit gefächerten Repertoire an Fähigkeiten für Furore sorgte.

Auch in der dänischen Fußballgeschichte muss man nicht lange zurückgehen, um einen Außenstürmer zu finden, dessen Spielertyp und Karriereverlauf Parallelen zu Bruun Larsen aufweist: Jesper Grønkjær. Beide verlebten eine unglückliche Episode beim VfB Stuttgart. Der Ex-Chelsea-Profi misst sogar 1,87 m und präsentierte sich während seiner aktiven Laufbahn ähnlich spielintelligent wie der BVB-Emporkömmling.

Grønkjær war beileibe kein Ausnahmetalent. Als mit Roman Abramowitsch das große Geld bei Chelsea Einzug hielt, neigte sich seine Zeit bei den Blues dem Ende entgegen. Eine Qualität, die der heute 41-Jährige jedoch fraglos besaß: In den wichtigen Partien wusste er, wo das Tor stand. Am letzten Spieltag der Saison 2002/03 führte der Däne die ‚Blues‘ mit einem Tor und einem Assist zum 2:1-Erfolg gegen den FC Liverpool. Chelsea landete auf Rang vier und qualifizierte sich für die Champions League. Eine Bedingung, die Abramowitsch vor seinem Einstieg in London gestellt hatte.

Schafft Bruun Larsen es also, sich für den BVB zu einem „Big Game Player“ zu entwickeln, kann er dort eine vielversprechende Zukunft haben. Auch wenn es im Kader der Schwarzgelben talentiertere Spieler gibt. Seine wichtigen Treffer gegen Nürnberg und Leverkusen waren ein guter Anfang.