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·14. Juli 2022

Der FC St. Pauli vor dem Saisonstart

Artikelbild:Der FC St. Pauli vor dem Saisonstart

Das (kurze) Warten hat ein Ende: Am Samstag startet der FC St. Pauli mit dem Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg in die Saison 2022/23. Vielleicht noch etwas größer als sonst dürften vor dem Start die Fragezeichen zur Leistungsfähigkeit des Kaders sein.(Titelbild: Peter Böhmer)

Müsste der FC St. Pauli ähnlich wortreich garniert werden, wie die 2. Bundesliga es Jahr für Jahr kurz vor Saisonstart immer wieder erfährt („Die spannendste / beste / emotionalste / wildeste / schönste / suchteuchwasauste zweite Liga aller Zeiten“) könnte die Wahl auf den „talentiertesten FC St. Pauli aller Zeiten“ fallen. Denn wohl noch nie war die Dichte an Spielern mit Entwicklungspotenzial so hoch wie im aktuellen Kader.


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Potenzial vorhanden

Zwar unterscheiden sich die bisher sechs Neuzugänge des FC St. Pauli teils massiv voneinander, aber alle eint, dass ihnen großes bis sehr großes Entwicklungspotenzial attestiert wird. Besonders bei David Nemeth und Johannes Eggestein könnte dies in fast ungeahnte Höhen führen. Aber auch Manolis Saliakas, David Otto, Connor Metcalfe und Carlo Boukhalfa ist zuzutrauen, dass sie noch einmal einen Schritt nach vorne machen können.

Zudem befanden sich auch vor diesen Transfers gleich eine ganze Reihe von Spielern im Kader, die ebenfalls noch (gehöriges) Entwicklungspotenzial besitzen. Das ist besonders in der Offensive mit Etienne Amenyido, aber vor allem Lukas Daschner und Igor Matanović der Fall.Der FC St. Pauli ist also ein Team voll von Spielern, die bereits konkurrenzfähig in der zweiten Liga sind, die aber teilweise auch noch sehr viel besser werden können. Es handelt sich um das wohl talentierteste Team der gesamten Liga. Aber reicht das? Vor allem für die eigenen Ansprüche? Welche sind das überhaupt?

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Auf Igor Matanovic dürfte eine sehr viel gewichtigere Rolle zukommen, als noch in der Vorsaison.

Leistungsträger (noch) nicht da?

Für Erfolg reicht Talent allein natürlich nicht. Das Talent muss entwickelt werden. Und dafür müssen möglichst optimale Gegebenheiten geschaffen werden. Diese Gegebenheiten sind für den einen, dass sie einfach ins kalte Wasser springen müssen und sich da freischwimmen. Für andere braucht es aber Spieler um sie herum, die ihnen in gewissen Phasen Halt geben. Daniel-Kofi Kyereh hat bereits in seiner ersten Saison beim FC St. Pauli tolle Leistungen gezeigt, blieb aber sehr viel häufiger blass, vor allem dann, wenn es sportlich nicht lief. Erst in seiner zweiten Saison wurde er zu einem dauerhaften Leistungsträger, der in den Spielen oft den Unterschied ausmachte.

Das Beispiel Kyereh zeigt, dass einige Talente eine stabile Achse im Team benötigen, an der sie sich orientieren, hochziehen und hinter der sie sich vielleicht auch mal verstecken können. Diese Achse ist im Kader des FC St. Pauli nicht mehr so stark ausgeprägt, wie noch in der Vorsaison. Guido Burgstaller fehlt vorne, Kyereh auch und ein erfahrener Innenverteidiger dürfte dem Kader in Sachen Achsenbildung auch weiterhelfen.

How to develop a team (fast)?

Es gibt keinen Kyereh-Ersatz, aber es gibt Wege, ihn zu ersetzen.

Nun ist aber auch klar, dass solche Spieler, die sofort Teil einer Achse werden können, für Zweitligisten meist nicht erschwinglich sind. Das Beispiel Kyereh zeigt: So einen Spieler kann der FC St. Pauli nicht verpflichten, er muss sich innerhalb des Teams entwickeln. Ja, Guido Burgstaller ist da ein Gegenbeispiel. Aber erinnert ihr euch noch an das letzte „Führungsspieler aus der 1.Liga“-Experiment namens Sami Allagui? Da gibt es also keine Garantie drauf.

Der Vorteil, den es beim FCSP gibt: Spielerentwicklung ist eine Stärke des Trainerteams! Das haben die letzten beiden Jahre gezeigt, in denen nicht nur Kyereh, sondern z.B. auch Paqarada, Medić und sogar „ausgelernte“ Spieler wie Burgstaller und Ziereis große Schritte gemacht haben.Damit diese These aber wirklich belastbar ist, müssen in der kommenden Saison auch weitere Spieler signifikante Schritte nach vorne machen.

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Timo Schultz hat auf dem Trainingsplatz in Sachen Talententwicklung einiges zu tun.

Neues Teamgefüge

Durch den Abgang vieler älterer Spieler wird sich also die Führungsstruktur des FC St. Pauli ändern. Einen ersten Geschmack dieser Veränderung gab es bereits bei der Bekanntgabe des neuen Mannschaftsrates: Bis auf Leart Paqarada ist er mit Eric Smith, Marcel Hartel, Jackson Irvine und Luca Zander neu besetzt worden – Kunststück, alle anderen Spieler aus dem Rat der Vorsaison sind nicht mehr da. Genau auf die Spieler im Rat wird es jetzt ankommen, wenn es darum geht eine neue Achse zu bilden. Sie müssen jetzt aus dem Schatten der ehemaligen Führungsspieler treten und mehr Verantwortung übernehmen. Ein Schritt, der allen fünf zuzutrauen ist.

Ein Käfig voller Potenzial und eine neu zu bildene Achse/Teamstruktur. Beides, das Potenzial und die Struktur, sollte sich bestenfalls schnellstmöglich entwickeln. Aber es ist weit realistischer, dass sich beides erst im Laufe der Saison entwickelt.

Personalsorgen

Gerade auf den Positionen, wo im Vergleich zur Vorsaison zahlenmäßig Spieler fehlen, gibt es kurz vor dem Saisonstart des FC St. Pauli Verletzungssorgen. In der Innenverteidigung haben mit Philipp Ziereis und James Lawrence zwei Spieler den Club verlassen und mit David Nemeth ist bisher erst einer hinzugekommen. Nemeth fällt zum Start mit einer Muskelverletzung aus, Marcel Beifus ist im ersten Spiel gesperrt und auch Adam Dźwigała ist verletzungsgeplagt – die Situation in der Innenverteidigung des FC St. Pauli ist wenige Tage vor dem Saisonstart äußerst prekär.

Gleiches, wenn auch in abgeschwächter Form, gilt für die Offensive: Denn auf die vier Abgänge (Burgstaller, Kyereh, Dittgen, Makienok) wurde bisher mit drei (zwei) Neuzugängen reagiert (Eggestein, Otto und mit Abstrichen Boukhalfa). Als sich dann Etienne Amenyido vor wenigen Wochen eine Muskelverletzung zuzog, wurde die Situation auch hier besonders prekär. Die kurze Zeit später kommunizierte Verpflichtung von David Otto hat die Personalsituation in der Offensive etwas entspannen lassen.

Eigentlich ist der FCSP ziemlich gut durch die Sommervorbereitung gekommen. Abgesehen von Nikola Vasilj, der den Saisonstart verpassen wird, gab es aber ausschließlich Verletzungen von Spielern auf Positionen, die ohnehin dünner besetzt sind, als noch in der Vorsaison. Zum Saisonstart sind auch deshalb die Erwartungen etwas gedämpft.

Artikelbild:Der FC St. Pauli vor dem Saisonstart

Ein Käfig voller Talente?

Lehren aus der Rückrunde?

Nicht nur beim Personal, auch bei der Spieltaktik dürfte es zur neuen Saison ein paar Veränderungen geben. Das ist auch notwendig, damit das Team besser auf die jeweiligen Gegner und deren Pläne reagieren kann und damit selbst die größten Stärken des Kaders am besten zum Tragen kommen. Mit Spannung erwarte ich daher das Spiel am Samstag allein schon aufgrund der taktischen Veränderungen, die sich bei den Testspielen des FC St. Pauli bereits erkennen ließen:

  1. Das Team agierte sehr viel mutiger im Pressing und versuchte den Gegner früher zu stören, spielt also vermehrt Angriffspressing
  2. Die beiden Außenverteidiger agierten deutlich höher, als noch in der Vorsaison. Erste „Ausläufer“ dieser Spielweise waren bereits am Ende der letzten Saison zu erkennen.
  3. Die klassische Zehnerposition, so wie sie Daniel-Kofi Kyereh interpretierte, verabschiedet sich womöglich, da zum Beispiel Boukhalfa und Daschner diese Position (ganz) anders spielen. Somit muss teilweise die Formation eher in ein 4-3-3 umgetauft werden, was dann den Abschied von der lange gespielten Mittelfeldraute bedeuten würde.

Was dürfen wir erwarten?

Tja. Wie bereits zu Beginn dieses Artikels erwähnt, sind die Fragezeichen um die Leistungsfähigkeit des FC St. Pauli zum Saisonstart 22/23 etwas größer, als in vielen anderen Jahren. Aufgrund des doch relativ großen Umbruchs und dem zweifelsohne vorhandenen, aber noch auszuschöpfenden Potenzial vieler Spieler, könnte es sehr gut tun, wenn zum Start ein wenig auf die Bremse bei der Erwartungshaltung getreten wird.

Natürlich kann es auch ganz anders ausgehen, wenn sowohl Achse als auch Potenzial sehr viel früher gebildet bzw. abgerufen werden. Aber eine so magische Hinrunde wie in der Vorsaison wäre zwar wünschenswert, ist jedoch nicht zu erwarten (bei der Rückrunde könnte das dann aber anders aussehen). Aktuell ist beim FC St. Pauli Vertrauen in den Entwicklungsprozess gefragt.

// Tim

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