Der einsame Europaheld der SGE: Ersetzt er die Büffelherde ganz allein? | OneFootball

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Max von Stuckrad-Barre·8. Mai 2022

Der einsame Europaheld der SGE: Ersetzt er die Büffelherde ganz allein?

Artikelbild:Der einsame Europaheld der SGE: Ersetzt er die Büffelherde ganz allein?

Niemand ist gern allein. Für Herdentiere ist es sogar gefährlich, allein zu sein, sie brauchen einander. Deshalb hat eine in der Wüste verlorene Gazelle keine Überlebenschancen, deshalb geht ein Alpaka in Einzelgefangenschaft ein und deshalb spielten Luka Jović, Ante Rebić und Sébastien Haller immer dann am besten, wenn sie gemeinsam auflaufen durften.

Die Frankfurter „Büffelherde“ funktionierte vor allem zusammen, denn Büffel sind eben Herdentiere und Stürmer für gewöhnlich auch. Man kann nicht allein eine Herde sein. Oder?


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Genau das wird derzeit in Frankfurt aber von Rafael Borré verlangt. Ohne Sturmpartner muss der Kolumbianer Woche für Woche den Angriff der Adler schmeißen, anders als Jović und seine Gefährten hat der 26-Jährige niemanden, mit dem er die Verantwortung im Frankfurter Sturm teilen kann.

Dabei passt die Rolle des alleinigen Stürmers überhaupt nicht zu Borré, der es gewohnt ist, um einen klassischen Neuner herumzuspielen. Ohne einen Partner funktioniert er eigentlich nicht. Und doch wird er gerade als einsame Spitze zu einem der wichtigsten Spieler der Eintracht-Geschichte, der die SGE am Donnerstag ins Finale der Europa League schoss. Aber der Reihe nach.

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Es ist nicht so, dass Rafael Borré sich aus freien Stücken für die einsame Rolle im Eintracht-Sturm entschieden hat oder von Trainer Oliver Glasner zum Alleinsein verdammt wurde. Denn in Frankfurt weiß man durchaus, was man mit Borré für einen Spielertyp verpflichtet hat und auch der Südamerikaner selbst äußert kurz nach seiner Ankunft in Frankfurt den Wunsch nach einem Partner: „Ich kann mich mit einem Neuner sehr gut ergänzen, Räume schaffen und das Offensivspiel weiter gefährlich gestalten.“ Dementsprechend werden durchaus Versuche unternommen, einen passenden Partner zu finden.

So wird im August kurz vor Transferschluss noch der Niederländer Sam Lammers aus Bergamo geliehen, um einen Wandspieler für Borré zu bekommen. Doch nach einigen Spielen wird klar: Als Wand qualifiziert Lammers nur seine Körpergröße von 1,91 m. Das Spiel mit dem Rücken zum Tor liegt ihm nicht und auch sonst gehen Lammers die Attribute eines klassischen Neuners erkennbar ab. Zu Borré passt er damit nicht und auch in die Pläne Oliver Glasners nur selten.

An Alternativen im Kader verbleiben Ragnar Ache und Gonçalo Paciência. Beide sind zwar in der Theorie gute Wandspieler, dafür aber auch nicht torgefährlicher als eine Wand und viel zu oft verletzt. Die Partnersuche läuft für den Solo-Stürmer wider Willen also über den gesamten Verlauf der Saison mehr oder weniger erfolglos, über kleine Flirts geht es nie hinaus.

Und Borré selbst? Der macht es so, wie viele es machen, bei denen es in der Liebe nicht läuft: Er stürzt sich in die Arbeit. Auf dem Platz gibt er alles, rackert sich ab, läuft und presst. Allein: Was bei all der Arbeit lange fehlt, ist der Lohn. In der Hinrunde gelingen ihm nur vier Tore, was vor allem für eine alleinige Spitze zu wenig ist.

Und doch vermisst paar Monate später dank Rafael Borré kaum jemand die „Büffelherde“. Was ist seitdem passiert?

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Klar: Europa ist passiert. Wieder einmal verzaubert die Eintracht ihre Fans mit einer unglaublichen Euro-League-Saison und allein deshalb besteht die SGE-Mannschaft derzeit ausschließlich aus Legenden und Fußballgöttern. Doch in den magischen Nächten bahnte sich im besonderen Fall von Borré eine Entwicklung an, die aus einem partnerlosen Stürmer auf verlorenem Posten eine Ein-Mann-Büffelherde werden lässt.

Dabei könnte man zunächst noch versuchen, nachzuweisen, dass Rafael Borré die Kompetenzbereiche der „Büffelherde“ mittlerweile auch allein ganz gut bedient. Und tatsächlich erinnert Borrés Einsatz- und Laufbereitschaft an Ante Rebićs grenzenlose Hingabe, langsam kommen das Selbstbewusstsein und die Abgezocktheit eines Sébastien Haller dazu und zuletzt in der Europa League auch der Torriecher von Luka Jović.

Die verschiedenen Kompetenzen, die in einer Büffelherde gefragt sind, eignet Borré sich im Rahmen seiner Möglichkeiten also gerade an. Doch für die Entstehung einer neuen Büffelherde ist das alles gar nicht so wichtig.

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Viel wichtiger ist es, dass langsam aber sicher um Rafael Borré das entsteht, was für eine Büffelherde wirklich entscheidend ist: Die Herde. Denn natürlich waren Luka Jović, Ante Rebić und Sébastien Haller nicht allein die Büffelherde. Es waren die Fans dahinter, die sich in das Trio verliebten, den von Kevin Trapp erfundenen Begriff aufnahmen und die drei damit gewissermaßen in ihre eigene Herde aufnahmen.

Und genau das passiert bei Rafael Borré gerade. Die Fans haben sich auf dem Weg nach Sevilla in ihn verliebt. Sollte er, der einen großen Anteil am Finaleinzug der SGE hat, den Titel mit den Frankfurtern jetzt auch noch holen, dürfte er auch als einsame Spitze endgültig in die Herde aufgenommen werden.