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Jan Schultz·1. Juli 2020
👑 Das waren die fünf besten Trainer dieser Bundesliga-Saison

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Jan Schultz·1. Juli 2020
Mit Verspätung hat die Bundesliga-Saison nun die Ziellinie überquert. Zeit also, um noch einmal auf eine bewegte Spielzeit zurückzublicken. Genauer gesagt auf jene Personen, die bei den 18 Mannschaften das Kommando haben. Hier kommen die fünf besten Trainer der abgelaufenen Saison. Kleiner Spoiler: Winter-Spitzenreiter Markus Gisdol ist komplett aus dem Ranking gefallen.
Reichen neun von 34 Partien, um in diese Rangliste aufgenommen zu werden? Die klare Antwort: Ja! Labbadia übernahm Hertha BSC inmitten chaotischster Wochen. Nach den Missverständnissen mit Ante Čović, Jürgen Klinsmann und Alexander Nouri steckte der Hauptstadtklub im Tabellenkeller, Corona und wiederholte Quarantäne machten die Situation nur noch schwieriger.
Und dennoch brachte der 54-Jährige die Alte Dame in Rekordzeit auf Kurs. Zehn Punkte aus den ersten vier Spielen, ein 4:0-Erfolg im Derby und eine insgesamt deutlich frischer, gefestigter und zielstrebiger auftretende Mannschaft lassen den Schluss zu, dass Michael Preetz nun den richtigen Nachfolger für Pál Dárdai gefunden hat.
Über die volle Distanz der Saison durfte einmal mehr Streich seine Mannschaft betreuen. Alles andere wäre auch eine echte Überraschung, schließlich ging der SC Freiburg mit dem Kulttrainer auch schon in die 2. Bundesliga. Und in dieser Spielzeit war der Sport-Club so weit von der Zweitklassigkeit entfernt wie Schalke-Fans in der Rückrunde von emotionaler Ausgeglichenheit. Und das verdient einmal mehr höchste Anerkennung. Also die Arbeit von Streich. Die Überlebenskünste von S04-Anhängern aber eigentlich auch.
Denn obwohl Freiburgs Verbleib in der höchsten deutschen Spielklasse gewissermaßen zur Gewohnheit geworden ist, ist es weiterhin keine Selbstverständlichkeit. Im Breisgau werden unter der Anleitung von Chefkonditor Streich trotz der Transfers von Vincenzo Grifo oder Jonathan Schmid vergleichsweise kleine Brötchen gebacken. Das Resultat schmeckt aber nicht nur dem Freiburger Anhang Jahr für Jahr – wenngleich die ganz große Krönung in Form der Qualifikation für die Europa League ausgeblieben ist.
Union Berlin war am Ende noch weiter von Europa entfernt als der SC, die Stimmung beim kleinen Nachbarn der Hertha dürfte aber dennoch vorzüglich sein. Der Aufsteiger erwischte in seiner ersten Saison in der 1. Bundesliga zwar einen schwachen Auftakt und hatte auch nach dem Re-Start Probleme, letztlich drehte Coach Fischer aber mit ganz viel Ruhe immer an den richtigen Stellschrauben.
So stabilisierte er die Defensive zunächst auf ein Höchstmaß und schnitt das Offensivspiel, das sich vor allem über hohe Bälle und gefährliche Standards definiert, perfekt auf die Fähigkeiten von Christopher Trimmel, Sebastian Andersson und Co. zu. Der verdiente Lohn ist der Klassenerhalt – und die Tatsache, dass die Eisernen die Spielzeit als bester Aufsteiger vor Paderborn und Köln beendet haben.
In der Vorsaison noch verpasste Borussia Mönchengladbach die Qualifikation zur Champions League denkbar knapp, weshalb sich die Fohlen im Sommer neu aufstellten. Unter Trainer-Zugang Rose gelang nun nicht nur das Königsklassen-Comeback, die Borussia spielte auch noch ihre beste Saison seit Jahrzehnten.
Von den fest angestellten Übungsleitern hat der gebürtige Leipziger Rose schon jetzt den zweitbesten Punkteschnitt (1,78), einzig Trainer-Legende Hennes Weisweiler kommt auf eine minimal bessere Ausbeute (1,84). Reine Statistik-Wonne wird dem enormen Einfluss des vormaligen Salzburgers allerdings nicht gerecht.
Denn Rose hat in Mönchengladbach auch eine neue Idee von Fußball gepflanzt. Dank eines guten Gerüsts und passender Neuzugänge stieß er mit seinen Vorstellungen auf fruchtbaren Boden, sodass schnell eine Blumenpracht des schönen, offensiv ausgerichteten und mitreißenden Fußballs erblühte. Die volle Strahlkraft dürfte Roses Werk aber erst in den kommenden Jahren erlangen, der Kader ist schließlich noch entwicklungsfähig. Im Garten des deutschen Profifußballs dürfte dies für generelle Verzückung sorgen.
Denn vielleicht ist so irgendwann ja auch mal wieder ein bisschen Abwechslung an der seit 2013 dauerhaft bayrisch besetzten Spitze möglich. Die Münchener haben seit November des letzten Jahres aber ein ganz starkes Gegenargument an ihrer Seitenlinie stehen: Hansi Flick.
Der startete im vergangenen Sommer einmal mehr in seiner vermeintlichen Paraderolle – als rechte Hand des Trainers. Doch für Niko Kovač war schnell wieder Schluss. Und Flick gab plötzlich den Ton an. Zunächst nur als Interimslösung, Namen wie Arsène Wenger, Mauricio Pochettino und selbst Pep Guardiola geisterten durch die Allianz Arena. Doch der vor den Medien stets ruhig auftretende Flick ließ die zahlreichen Rufe nach all jenen großen Namen verstummen.
Denn in München scheint der 55-Jährige seine tatsächliche Paraderolle entdeckt zu haben – als Cheftrainer. Oder aber er ist ein echtes Multitalent. Seine Punkteausbeute ist in jedem Fall wahnwitzig (2,73), keiner der bisherigen bayrischen Cheftrainer kann ihm in dieser Hinsicht auch nur annähernd das Wasser reichen. Selbst Guardiola (2,41) und Jupp Heynckes zu seiner besten Zeit (2,49) kommen da nicht heran.
Dabei versteht sich Flick nicht einfach nur als Menschenfänger, der die hochbegabten Stars zu einer Mannschaft zu schweißen weiß. Vielmehr hat er sich auch als Taktikfuchs entpuppt, der seine Vorstellungen in kürzester Zeit umgesetzt hat. Pressing und Ballzirkulation sind plötzlich wieder auf allerhöchstem Niveau, die Münchener erspielen sich Chancen wie am Fließband. Das zweite Triple der Vereinsgeschichte ist diese Saison so noch ein realistisches Ziel.