
Vertikalpass
·24. August 2025
Das war ja so klar!

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·24. August 2025
Euphorie as Euphorie can: Alle freuten sich auf die neue Saison, in Podcasts wurde der VfB wahlweise auf Platz 3 und 4 oder 6 getippt. Spiegel Online setzte die Stuttgarter sogar auf Platz 2. Woher die grenzenlose Zuversicht kommt? Die anderen schwächeln, haben Umbrüche, Trainer- und Spielerwechsel, so die Erklärung. Der VfB dagegen weitgehend unverändert, hat seinen Kader bis auf Enzo Millot zusammen gehalten, kann auf gewohnte Abläufe vertrauen.
Aber genau das ist das Problem.
Denn auf dem Platz hat sich in der neuen Saison ebenfalls wenig bis nichts getan. Nimmt man die Rückrunde der letzten Serie als Maßstab, blieb alles beim alten: Der VfB spielt zwar optisch ganz ordentlich, hat in vielen Statistiken die Nase vorn, macht aber aus seinem Potential zu wenig und steht am Ende ohne Punkte da. Dabei war klar, was den VfB bei Union Berlin erwartet: ein unangenehmer, kratzbürstiger Gegner, der wenig kann und daraus viel machen will. Er traf mit dem VfB auf das genaue Gegenteil: Die Jungs aus Cannstatt können viel, machen aber wie in der zurückliegenden Rückrunde viel zu wenig daraus.
Ein Lerneffekt aus den Ergebnissen der letzten Bundesligasaison? Nicht vorhanden.
Nicht wie in der letzten Saison sah dagegen die Startaufstellung aus: Sebastian Hoeneß überraschte mit einem Dreiersturm bestehend aus Nick Woltemade, Deniz Undav und Ermedin Demirovic. Was insofern erstaunte, weil der VfB in der Vorbereitung kein einziges Mal mit dieser Startformation auftrat, auch in der letzten Saison gab es nur wenige Minuten in dieser Konstellation – die gleichwohl gegen Leipzig erfolgreich waren. Obwohl die drei das Zusammenspiel nicht gewohnt, die Abläufe unbekannt sind, war die Idee des Trainer klar: Mit Demirovic zusätzlich einen Ochsen in der Box zu haben gegen die erwartet körperlichen Köpeniker.
Allein: Der Plan ging überhaupt nicht auf. Demirovic agierte im Spielaufbau irritierenderweise auf halbrechts und blieb im Strafraum ohne jede Wirkung. Wie auch Woltemade, ebenso Undav. Die größten Chancen hatten Jeff Chabot, Atakan Karazor und Josha Vagnoman. Wenn vorne wenig zusammen geht, weil vielfach die Ideen fehlten, muss hinten konzentriert verteidigt werden. Aber auch das: fehlerhaft wie zuletzt.
Beim 1:0 hätte der weite Schlag von Torhütern Frederick Rönnow erst Karazor klären können, dann Luca Jaquez oder schließlich Angelo Stiller. Weil sich alle drei tolpatschig anstellten, ballerte Bundesligadebütant Ilyas Ansah den Ball einfach ins Tor. So einfach kann es gehen. Wie auch beim 2:0. Ein Einwurf wird von Maxi Mittelstädt tölpelhaft verteidigt, die linke Seite ist darauf hin völlig frei, bei der anschließenden Flanke stimmt trotz guter Besetzung die Zuordnung nicht.
Einfache Tore? Die kann der VfB nicht. Obwohl: Einfache Tore kassieren, das kann der VfB sehr gut. Daran hat sich leider nichts geändert. Man hatte den Eindruck, beim VfB sollte es ja nicht angestrengt aussehen. Doch nicht gegen Unioner, denen man vermeintlich überlegen ist. Schwitzen? Nee, lieber passen, passen, passen und sich am Ballbesitz erfreuen. Wenn sie es nicht besser könnten, wäre es nicht so ärgerlich. Aber in der Mannschaft stecken so viele Möglichkeiten, die nicht genutzt werden.
Dass es kernig in Köpenick zugehen wird, sollte niemand überraschen.
Im Gegensatz zu vielen Liga-Konkurrenten ist beim VfB die neue Saison kein Neuanfang: Kein einziger Neuzugang in der Startelf und genau das kann das Problem sein. Alles ist ein bisschen zu behäbig, zu bequem, es fehlte der Biss und der unbedingte Wille, sich in dieses schwerige Spiel hineinzukämpfen. Auch wenn dies vom eingewechselten Tiago Tomàs (mit herrlichem Schnauzbart und ebensolchem Tor) und dem erfreulich quirligen Lazar Jovanovic gegen Ende zu sehen war. Letztlich war alles zu wenig in Berlin: zu wenig Haltung, zu wenig Ideen, zu wenig Konsequenz – vorne wie hinten.
Dass der VfB den Auftakt versammelt, kommt nicht unerwartet: Zu viel ist in der Vorbereitung zu nett gewesen, obwohl die individuellen Auftritte einiger Spieler zu Wünschen übrig ließen. In den Spielen gegen Bologna und die Bayern sah man sich auf einem guten Weg trotz ernüchternder Ergebnisse und einer Spielweise, die zu sehr an die letzte Bundesligasaison erinnerte. Der VfB muss aufpassen, dass er es sich nicht (wieder) zu einfach macht in der Beurteilung seiner Leistungen.
Das lässt einen wenig zuversichtlich auf die erste Runde im DFB-Pokal schauen: Mit Eintracht Braunschweig trifft der VfB auf einen ähnlichen Gegner wie Union. Deren Spielweise – wenn man bei Union und der Eintracht überhaupt von „Spielweise“ sprechen kann – wird den Burstringträgern ebenfalls nicht liegen. Hoffen wir, dass wir nach dem Spiel nicht dieselben lapidaren Aussagen (“Das ist nicht das Ergebnis, das wir haben wollten“) hören wie beim verpatzten Bundesligaauftakt der Saison 2025/2026. Es wäre typisch VfB, als Titelverteidiger in der ersten Runde auszuscheiden.
Zum Weiterlesen: Rund um den Brustring stellt übellaunig fest: „Das eigene Potenzial und die eigene Dominanz derart zu verschleudern, ist einfach nur frustrierend.“
Die Süddeutsche Zeitung spricht von „ungelenkten Klärungsversuchen“ und dass Woltemade von de Unioner Abwehr „zermalmt” wurde.
Bilder: Maryam Majd/Getty Images)
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