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Helge Wohltmann·22. Dezember 2017
Das Bundesliga-Zwischenzeugnis nach der Hinrunde

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Helge Wohltmann·22. Dezember 2017
Das Weihnachtsfest steht vor der Tür, Bayern hat die Meisterschaft eingesackt und die Bundesliga verabschiedet sich in die Winterpause. Grund genug, einmal Bilanz zu ziehen und die Hinrunde der Klubs Revue passieren zu lassen.
Nachdem Carlo Ancelotti den Großteil seiner Zeit quarzend mit seinen Kumpels in der Raucherecke verbrachte und die vorgegebenen Klassenziele mit Mindestanstrengung zu erreichen versuchte, musste Bayern den Einser-Streber Jupp Heynckes zurückholen. Der 72-jährige gefühlte Teenager zeigte seinem Vorgänger dann auch gleich, wie man innerhalb kürzester Zeit aus einem kopflosen Hühnerhaufen ein Team formen kann, welches gnadenlos effizient die Liga dominiert und sich zur Halbzeit bereits elf Punkte Vorsprung auf die Konkurrenz herausgespielt hat.
Die Königsblauen zurück in der Königsklasse? Unter dem neuen Trainer Domenico Tedesco hat sich jedenfalls so einiges zum Besseren verändert und vor allem ist Schalke sauschwer zu schlagen. Egal, ob 4:0 oder 2:0, in der letzten Minute knallt Naldo dir noch den Ausgleich rein. Nicht umsonst führen sie das Feld der normalsterblichen Bundesligisten an.
Was für eine Achterbahnfahrt. Nach neun Spielen gefühlter Meister, folgte der beispiellose Absturz und die Entlassung von Peter Bosz. Gefühlt war der BVB auf das Niveau des 1. FC Köln gerutscht und verpflichtete daraufhin auch noch passenderweise deren Trainer. Danach ging es allerdings aufwärts und Dortmund überwintert auf dem dritten Rang, der ja das Minimalziel der Schwarz-Gelben ist. Irgendwie eine komische Hinrunde, an derem Ende aber doch noch alles gut gegangen ist. Nur der königsblaue Blick nach oben stört.
Vielleicht auch eine 2-, denn immerhin hat die Werkself ja ihr Ziel erreicht, sich im Kampf um die Europapokalplätze zurückzumelden, allerdings war der Saisonstart alles andere als erwünscht und auch das 4:4 gegen Hannover zeigt, dass es noch immer die Tendenz zu Ausreißern nach unten gibt. Behält Leverkusen allerdings die Form der letzten Wochen bei, deutet sich eine rundum zufriedenstellende Rückrunde an und die Qualifikation für die Königsklasse ist in Reichweite.
Wie so vielen Bundesligisten fehlt es auch den Leipzigern an der Konstanz, um wirklich mit den Bayern mithalten zu können. Zu viele Punkte wurden gegen vermeintlich kleine Gegner verschenkt. Angesichts der zusätzlichen Belastung durch die Champions League wird man aber zumindest öffentlich mit der Hinrunde zufrieden sein. Eine erneute Qualifikation ist in Reichweite, auch wenn der Gummibärensaft des Hauptsponsors zumindest nicht endlos Flügel zu verleihen scheint.
In Gladbach pfeifen die Fans und die Verantwortlichen zeigen ihnen empört den Vogel. Trotz eigentlich zufriedenstellender Ergebnisse herrscht schlechte Stimmung. Grund seien aus Sicht des „Spiegel“ die Meckeropas, die das aktuelle Team nur an der Übermannschaft der Siebziger messen. Max Eberl hat hingegen die Erfolgsfans ausgemacht, die nur ab und zu kommen um sich unterhalten zu lassen und die schweren Jahre in der Zweiten Liga nicht mitgemacht haben. Beste Seifenopergeschichten aus dem Rheinland.
Der ganz große Höhenflug ist erstmal vorbei und plötzlich wird Julian Nagelsmann nur noch bei Dortmund und nicht mehr bei Bayern gehandelt. Autsch! Angesichts der Tatsache, dass die TSG ihre erste internationale Saison spielt, dürften aber alle damit zufrieden sein, Tuchfühlung auf die Europapokalplätze zu haben. Verpasst man das internationale Geschäft, hat Nagelsmann auch wieder mehr Gelegenheit, seine Familie in München zu besuchen und träumend auf einer Fröttmanninger Wiese zu liegen um die rot leuchtende Allianz Arena anzuschmachten.
Klasse Saison der Frankfurter, die nun hoffen werden, dass ihnen nicht das gleiche Missgeschick wie in der vergangenen Saison unterläuft. Da wären sie nach ähnlich guter Hinrunde beinahe doch noch unten mit reingerutscht. Passiert das nicht, könnte im Sommer aber noch ein viel größeres Unglück lauern. Gerüchten zufolge ist Niko Kovac als Trainer bei den Bayern im Gespräch.
Eigentlich sollte Augsburg diese Saison ja sang- und klanglos absteigen, wenn man den Experten glauben durfte, doch die Fuggerstädter legten entspannt den besten Saisonstart ihrer Geschichte hin und liegen mit 24 Punkten im gesicherten Tabellenmittelfeld. Angesichts der Punkteausbeute im Keller ist das ja beinahe schon gleichbedeutend mit dem Klassenerhalt. Wir schicken Glückwünsche nach Augsburg und kriechen aufgrund unserer knapp verpatzten Saisonprognose zu Kreuze.
Was wird man sich in Berlin freuen, nicht der 1. FC Köln zu sein. Ähnlich wie der Effzeh hat die Alte Dame nämlich nach langer Zeit endlich wieder das ersehnte internationale Geschäft erreicht, dabei allerdings nicht vergessen, die heimische Liga im Auge zu behalten. Das und die mutige Verpflichtung von Davie Selke sorgten dafür, dass sich die Alte Dame im Mittelfeld und nicht im Abstiegskampf wiederfindet. Muss ja auch nicht immer ein Extrem sein.
Bis zum zehnten Spieltag hätte sich Hannover eine glatte 1 verdient gehabt, doch seitdem stagnieren die Niedersachsen punktemäßig ein bisschen. André Breitenreiter und seinem Team wird das aber so egal sein wie Martin Kind die Belange der 96-Ultras, denn der Aufsteiger hat mit dem Abstiegskampf absolut gar nichts zu tun und kann der Rückrunde beruhigt entgegen sehen.
Bereits zu Saisonbeginn musste Andries Jonker gehen, dann folgte Martin Schmidt und eine lange Reihe von Unentschieden. Als dann endlich gewonnen wurde, machte man sich viel durch die Niederlage gegen den 1. FC Köln am letzten Spieltag kaputt. Nach Millionenausgaben im Sommer ist Platz 12 aber auch das allermindeste, was man erwarten konnte. Nicht Fisch, nicht Fleisch in der Autostadt.
Leistungsträger weg, zerstückelte Vorbereitung durch die Europa-League-Quali, die Vorzeichen vor dem ersten Spieltag waren nicht gut. Die Breisgauer sind Abstiegskampf aber gewohnt und so kam auch gar nicht erst eine Diskussion um Christian Streich auf, als es einmal eng wurde. Das sollte sich auszahlen. Seit einigen Wochen läuft es richtig gut, die Mannschaft hat sich gefunden und mit dem 13. Platz sowie 19 Punkten liegt Freiburg komplett im Soll.
Zuhause eine 2 und auswärts eine 6, so einfach lässt sich die Saison der Schwaben bislang zusammenfassen. Bekommt Hannes Wolf mit seiner Truppe die Schwäche auf fremden Plätzen in den Griff, könnte die Rückrunde deutlich zufriedenstellender verlaufen, passiert es nicht, könnte es schnell ganz eng werden für den jungen Coach. Momentan ist der bange Blick nach unten ein ständiger Begleiter.
Dass die Nullfünfer in dieser Saison zu den Abstiegskandidaten gehören, ist keine Überraschung, aber immerhin standen sie in dieser Spielzeit noch nicht einmal auf einem direkten Abstiegsplatz. Aufgrund der akuten Abstiegssorgen kann man jedoch auch nicht von einer befriedigenden Hinrunde sprechen.
Die Bremer blieben der Tradition der letzten Jahre treu, verkorksten die Hinrunde, feuerten den Trainer, beförderten den U23-Coach und hoffen jetzt auf die knapp verpasste EL-Quali. Nicht ein einziger Sieg stand auf dem Konto, ehe Florian Kohfeldt vorerst die Wende zum Besseren brachte. Durch den Endspurt mit drei Siegen und einem Unentschieden aus sieben Spielen erreichte Werder zumindest noch den Relegationsplatz und hätte noch auf Rang 14 springen können, hätten sie in Mainz am letzten Spieltag nicht noch den Sieg verspielt. Die Versetzung ist jedoch stark gefährdet.
Unglaublich aber wahr: So schlecht stand der HSV zur Winterpause seit über zehn Jahren nicht da. 2006/07 überwinterten die Norddeutschen letztmals auf einem direkten Abstiegsplatz. Und dabei sah dieses Jahr alles so gut aus. Nach zwei Spielen hatte Hamburg zwei Mal gewonnen. Danach folgten allerdings wieder die Ergebnisse, die die hanseatischen Fans seit Jahren stoisch ertragen.
Deutlich schlimmer konnte es für die Kölner eigentlich nicht laufen, da täuscht auch der Sieg am letzten Spieltag nicht drüber hinweg. Manager weg, Trainer weg, Kölle weg. Der Effzeh hat sich eigentlich schon in die Zweite Liga verabschiedet und tritt nur noch zur Abschiedstournee an. Etwa neun Siege müssten in der Rückrunde wohl her. Unwahrscheinlich, dass den Geißböcken das gelingt.