🎙 🇨🇭-Coach Wunderlin exklusiv: "Dann dürfen wir ein bisschen träumen" | OneFootball

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Helge Wohltmann·9. Juli 2022

🎙 🇨🇭-Coach Wunderlin exklusiv: "Dann dürfen wir ein bisschen träumen"

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Neben ihrem Job als Coach von St. Gallens Frauen-Team ist Marisa Wunderlin auch die Co-Trainerin der Schweiz und reist mit der Mannschaft zur diesjährigen EM in England. Vor dem Turnierstart ihres Teams sprach sie mit OneFootball über ihre Doppelrolle, die Schweizer Chancen bei der Europameisterschaft und was die Klubs tun müssen, um den Frauen-Fußball zu unterstützen.

„Ich wünsche mir, dass alle Spielerinnen die Möglichkeit haben, ihr Potential abzurufen. Dafür müssen wir die Bedingungen verbessern“, so die 34-Jährige. Gleiche Löhne wie bei den männlichen Kollegen hätten dabei zunächst einmal nicht die höchste Priorität. Vielmehr müsse sich im sportlichen Bereich noch etwas tun. „Die Spielerinnen erwarten nicht die gleiche Bezahlung, sie wünschen sich gleiche Bedingungen und dadurch wird sich die Qualität des Spiels extrem verbessern.“


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Es geht also vielmehr um Trainingsbedingungen, mediale Sichtbarkeit und Spielpläne, die es den Fans möglich machen, die Partien auch zu besuchen oder sie im Fernsehen zu schauen.

Im Vergleich zu den Männern gebe es ansonsten zwar Unterschiede im physischen Bereich, alles andere seien aber eher Kleinigkeiten: „Die technischen, taktischen Überlegungen sind im Grundsatz die gleichen. Es geht um Details. Etwa: Wie kann ich pressen? Denn bei den Frauen ist das Spielfeld im Verhältnis zur Sprintgeschwindigkeit größer als bei den Männern.“ Neben Kraft und Geschwindigkeit gebe es ansonsten Unterschiede bei den Verletzungen und bei der Regeneration.

Die Frauen hätten weniger mit Muskelproblemen, dafür jedoch öfter mit Kreuzbandrissen zu kämpfen. Dafür seien sie nach einem Spiel meist ein bisschen schneller wieder fit als die Männer.

Wunderlin selbst muss auch fit sein, hat sie doch gleich zwei anstrengende Jobs. Seit dreieinhalb Jahren ist sie Assistentin von Nils Nielsen bei den Schweizer Frauen, seit letztem Sommer zudem noch Chef-Trainerin bei St. Gallen. Für sie allerdings kein Problem, da sich die Arbeit mit Nielsen bereits sehr gut eingespielt habe. Ihr Job im Verein helfe ihr sogar für ihre Aufgaben beim Verband.

„Definitiv hilft die Rolle als Headcoach, um aktiv im Kopf zu sein, überall nach Details zu suchen, was man noch tun könnte. Gerade weil man nicht die Hauptverantwortung hat, könnte man dazu tendieren, sich irgendwo rauszunehmen, wo es vielleicht gar nicht gut ist, wenn man sich rausnimmt. Deswegen ist es für mich im Moment die perfekte Kombination“, so Wunderlin.

Für sie gehe es darum, in den richtigen Momenten die richtigen Impulse und Ratschläge zu geben, dann aber auch Entscheidungen mitzutragen, wenn sie anders gefällt werden. Im Klub hingegen könne sie all ihre Ideen so umsetzen, wie sie es für richtig hält. Außerdem sei sie generell eine Trainerin, die eher die Nähe zu ihren Spielerinnen suche. Das gehe als Assistentin schon aus Zeitgründen besser. In ihrer Doppelrolle kann sie sich also komplett ausleben.

Ansonsten sei die Arbeit durchaus ähnlich: „In meinem Alltag bei St. Gallen, genauso wie hier, haben wir das Ziel, prozessorientiert zu arbeiten. Das heißt, es geht darum, jeden Tag besser zu werden, etwas Neues zu lernen. Wenn ich das jeden Tag richtig mache, ist die Wahrscheinlichkeit für gute Resultate gegeben.“

Die will die Schweiz auch in England erzielen, sieht allerdings schon einer schweren Gruppenphase entgegen: „Natürlich wollen wir unser Optimum abrufen. Wenn wir das tun, dann dürfen wir auch ein bisschen träumen. Die Ausgangslage ist schwierig mit Schweden, Holland, Portugal. Wir haben zwei wirkliche Topgegner und müssen deshalb gegen Portugal gut starten. Wer weiß aber, was passiert, wenn du plötzlich unentschieden gegen Schweden spielst? Wir träumen schon ein bisschen größer, aber wir haben kein klar definiertes Mindestziel.“

Für Wunderlin und die Schweiz geht es vielmehr darum, sich selbst zu verbessern und die Wahrscheinlichkeit auf Siege zu erhöhen: „Geht es uns um uns und unsere Entwicklung oder schauen wir nur auf das Resultat und sprechen mehr über die Gegner? In einer Endrunde willst du gewinnen, du musst gewinnen um Weiterzukommen, aber für unsere Mentalität ist es für uns im Staff entscheidend, dass wir sehr viel auf uns schauen. Sobald ich auf jemand anderes schaue, bin ich abhängig und Abhängigkeit hat immer einen negativen Beigeschmack.“

Die Schweiz startet am Samstag, den 9. Juli, um 18 Uhr gegen Portugal in die EM.