VfL Osnabrück
·28. November 2024
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Im Sommer 1967 erfüllte sich für Alemannia Aachen ein lang gehegter Traum. Nach mehreren vergeblichen Anläufen gelang dem Verein der Aufstieg in die 1. Bundesliga und die Alemannen schienen sich in der Belegetage des deutschen Fußballs gut zurechtzufinden. Am Ende der Premierensaison belegten sie einen beachtlichen 11. Tabellenplatz, und auch die Hinrunde der darauffolgenden Spielzeit konnte sich sehen lassen. Nach sechs Siegen, vier Unentschieden und sieben Niederlagen überwinterten die Westdeutschen auf dem 10. Rang.
Eine ordentliche Bilanz auf dem grünen Rasen sorgte aber schon damals nicht unbedingt für Ruhe hinter den Kulissen. In diesem Fall stand Trainer Michael „Michel“ Pfeiffer im Zentrum der Kritik – dabei hatte er die Mannschaft nicht nur zum Aufstieg geführt, sondern selbst 244 Pflichtspiele für die Alemannia bestritten. Der Mittvierziger, der auch für Rot-Weiß Essen und Fortuna Geleen gespielt und 1954 sogar ein Länderspiel im Londoner Wembley-Stadion absolviert hatte, geriet nach sieben sieglosen Spielen im September und Oktober 1968 immer stärker unter Druck. Wenig später beschloss das Präsidium, den Trainer zum Saisonende zu entlassen.
Das Team um Hans-Josef „Jupp“ Kapellmann, Josef Martinelli oder Heinz-Gerd Klostermann ließ sich von all dem nicht beirren und spielte eine sehenswerte Rückrunde, die mit Siegen gegen Nürnberg und in Frankfurt begann. Auch gegen Mönchengladbach, Hannover 96, Kaiserslautern, 1860 München, Werder Bremen und den HSV ging die Alemannia als Sieger vom Platz, ehe sie am 33. Spieltag zunächst das Derby gegen Köln (2:1) und anschließend das Saisonfinale bei Hertha BSC (1:0) für sich entschied. Da Dauerrivale Mönchengladbach zeitgleich spektakulär in Bremen patzte (5:6), wurden Pfeiffers Schützlinge hinter Bayern München Vizemeister und feierten den größten Erfolg der Vereinsgeschichte.
„Die Glückwünsche nahmen kein Ende, der DFB überreichte eine Silberschale, die Mannschaft wurde im Triumphzug durch Aachen geleitet und schließlich von 10.000 Aachenern auf dem Markt empfangen.“ Vereins-Chronik auf www.alemannia-aachen.de
Der Trainer musste trotzdem seinen Hut nehmen. Keine gute Entscheidung, wie sich schnell herausstellte, denn ein Jahr später hatte sich die Situation dramatisch verändert. Nach nur 5 Siegen, 7 Unentschieden, 22 Niederlagen und einem niederschmetternden Torverhältnis von 31:83 stiegen die Westdeutschen als Tabellenletzter aus der Bundesliga ab. Ihr ehemaliger Coach kehrte 1973/74 an den Tivoli zurück, qualifizierte sich mit der Mannschaft für die im Sommer 1974 gestartete 2. Bundesliga – und wurde erneut gefeuert. Später trainierte er den FK Pirmasens, Austria Salzburg und den BSV Schwenningen, ehe es ihn ins warme Nordafrika zog. Anfang der 80er Jahre wurde Pfeiffer Trainer des CS Sfax, bei dem er – als tunesischer Meister – seine Karriere beendete.
Für „seinen“ Verein taten sich weniger erfreuliche Perspektiven auf. 1990 verschlug es die Alemannen für lange Jahre in die Drittklassigkeit. Erst 2005 kehrten sie in die 1. Bundesliga zurück und stellten mit Jan Schlaudraff – 52 Jahre nach „Michel“ Pfeiffer – wieder einen Nationalspieler. Doch die Achterbahnfahrt nahm immer noch kein Ende. 2013 stieg die Alemannias in die viertklassige Regionalliga ab, aus der sie erst in diesem Frühjahr zurückkehrte.
Michael Pfeiffer erlebte den jüngsten Aufstieg nicht mehr mit. Er starb am 2. Januar 2018 in seiner Wahlheimat, der niederländischen Gemeinde Waals, die nur wenige Kilometer von Aachen entfernt ist. Pfeiffer wurde 92 Jahre alt, gehörte bis zuletzt dem Ehrenrat an und fand sich, wenn es die Gesundheit zuließ, auch immer wieder auf dem Tivoli ein. Der damalige Präsident Dr. Martin Fröhlich würdigte ihn als „eine der größten Legenden“ der Alemannia: „Wir haben Michel Pfeiffer viel zu verdanken!“
Text: Thorsten Stegemann
Bild: Sommer 1968, Aachen nimmt Kurs auf die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte: Trainer Michael Pfeiffer (l.) mit Jupp Kapellmann, Roger Claessen, Werner Tenbruck, Ion Ionescu, Werner Pöhler – vorne Torwart Werner Scholz © IMAGO / Pfeil