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·4. Juni 2024

Breit genug für die Bundesliga?

Artikelbild:Breit genug für die Bundesliga?

Richtig gut aufgestellt ist der FC St. Pauli auf der Außenverteidiger-Position – in Sachen Kaderqualität, nicht aber in der Kaderbreite. Oder?(Titelbild: Stefan Groenveld)

Es sind etwas weniger als drei Monate, bis der FC St. Pauli sein erstes Bundesliga-Spiel seit mehr als 13 Jahren bestreiten wird. In etwas mehr als einem Monat startet man in die Vorbereitung. So bleibt beim FCSP also etwas Zeit, um die Bundesliga-Saison bestmöglich vorzubereiten. Damit das gelingt, ist eine Analyse der Aufstiegssaison notwendig. Die zeigt zum Beispiel, dass die Außenverteidigung unterbesetzt ist.


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Denn wenn man sich die Situation auf dieser Position genauer anschaut, dann bleibt zwar der Eindruck, dass es von der Qualität her auf jeden Fall gut passen sollte mit dem Schritt in die Bundesliga. Allerdings sind da gleich eine Reihe von WENNs und ABERs, die dazu führen, dass es beim FC St. Pauli Bedarf auf dieser Position gibt. Der könnte aber womöglich intern gedeckt werden.

Manos Saliakas – Topleistung im Schatten anderer Topleistungen

Angesichts der starken Leistungen im Zentrum beim FC St. Pauli (Smith, Irvine, Hartel, Eggestein), sowie der aufsehenerregenden Leistungen der offensiven Außenbahnspieler, geht etwas unter, dass Manos Saliakas auch im zweiten Jahr im Trikot des FCSP eine beeindruckende Saison gespielt hat. Der Blick auf die Pizza-Grafik mit den für seine Position relevanten Statistiken bestätigt diesen Eindruck.

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Kern-Statistiken von Manolis Saliakas der Saison 23/24, dargestellt als Perzentile im Vergleich zu allen Außenverteidigern der 2. Bundesliga. (Erklärung: Die Länge des dunkel gefärbten Teils des Pizzastücks zeigt, wie viele Prozent der anderen Spieler auf dieser Position schlechtere Werte oder oder maximal den gleichen Wert haben. Komplett dunkel heißt: Keiner ist besser. Zudem sind die Absolutwerte in Zahlen angegeben.)

Erfolgreiche progressive Spielweise

Bei der Analyse der Innenverteidiger des FC St. Pauli haben wir uns intensiv mit den Leistungen von Hauke Wahl befasst. Dessen Zahlen zeigten ein eher wenig progressives Passspiel (und wenige Verlagerungen – Saliakas spielte pro 90 Minuten die zweitmeisten aller Zweitligaspieler). Das hängt auch damit zusammen, dass Wahl auf einer Seite mit Saliakas ist, der enorm progressiv spielt: Mehr als jeder fünfte Pass von ihm war progressiv, überbrückte also einen signifikanten Teil des Spielfelds. Besonders positiv dabei, dass nicht nur die Anzahl sondern auch die Quote (fast 78 Prozent erfolgreich!) deutlich überdurchschnittlich ist.

Exkurs: Ab wann ein Pass nach Wyscout-Definition progressiv ist, hängt von der Position auf dem Platz ab. Innerhalb der eigenen Hälfte, muss der Ball 30 Meter näher an das gegnerische Tor kommen. Wird der Pass von der eigenen in die gegnerische Hälfte gespielt, dann ist er ab einer Überbrückung von mehr als 15 Metern progressiv. Wird der Pass in der gegnerischen Hälfte gespielt, so sind es 10 Meter, ab denen ein Pass als progressiv gewertet wird. Somit ist nicht jeder Vorwärtspass ein progressiver Pass.

Vergleich schwierig

Bei Wyscout wird Saliakas übrigens nur auf Platz 13 unter allen Außenverteidigern gelistet. Philipp Treu und Lars Ritzka haben es nicht unter die Top 30 geschafft. Da sind leise Zweifel angebracht, ob die Bewertung der Leistungen dieser Spieler so passt. Eine richtige Einordnung der Leistungen ist aber auch gar nicht mal so einfach. Denn die Profile von Außenverteidigern sind in den letzten Jahren immer komplexer geworden. Einige beschränken sich vornehmlich auf die Defensivarbeit, andere (wie Saliakas) haben klar die Vorgabe, sich vorne mit einzuschalten. Wieder andere (wie Treu) lassen sich ins Zentrum fallen. Bei FotMob landet Saliakas übrigens auf Platz 4 unter allen Außenverteidigern. Direkt dahinter folgt Treu, Ritzka hingegen ist ein Stück weg von den beiden.

Entwicklungsschritt notwendig, aber zu erwarten

Die hohe Einordnung von FotMob dürfte im Fall von Saliakas auch damit zusammenhängen, dass er in den Offensivstatistiken gute Zahlen liefert. Bei der Anzahl, sowie der Quote der Flanken ragt er heraus, bringt zudem auch viele Pässe im gegnerischen Strafraum zum Mitspieler. Klar, diesen hohen Output wird es in der Bundesliga vermutlich nicht mehr geben. Saliakas wird vielmehr auch öfter defensiv gefordert sein. Hier sind seine Zahlen ok. Sein größtes Thema, bei dem es viel Raum für Verbesserung gibt, dürfte die defensive Positionierung sein. Besonders bei langen Bällen und in der Rückwärtsbewegung hat er noch Luft nach oben.

Trotz dieser Unsicherheiten ist davon auszugehen, dass die Verantwortlichen beim FCSP Manos Saliakas auch in der Bundesliga die Rolle des Stammspielers zutrauen. Die Hoffnung dürfte sein, dass er sich – ähnlich wie in der Saison 22/23 – relativ schnell an das gestiegene Level und die veränderte Spielweise anpassen kann. Wenn ihm das gelingt (da ist das erste WENN), dann gibt es beim FC St. Pauli keinen Bedarf auf dieser Position an der Spitze.

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Auf der rechten Außenbahn hat der FC St. Pauli mit Manos Saliakas und Dapo Afolayan ein richtig starkes Duo. // (c) Peter Boehmer

Lars Ritzka – Mr. Zuverlässig

Bei all dem Jubel im Rahmen des Aufstiegs und des emotionalen Gesprächs mit Jackson Irvine ist komplett untergegangen, dass Lars Ritzka auch ein paar Worte nach dem Heimsieg gegen Osnabrück in der Mixed Zone gesagt hat. In schon gewohnt leicht unterkühlter Weise parierte er die Frage, was es mit ihm persönlich mache, wenn er daran zurückdenkt, dass er in der Saison 20/21 noch beim SC Verl in der 3. Liga spielte: „Es ist schön. Man sieht, dass man eine Entwicklung genommen hat und wenn man weiter fleißig dranbleibt, dann wird das belohnt.“ Auf diese Antwort folgte ein Grinsen und die Ergänzung: „Mehr kriegt ihr aus mir nicht raus, sorry!“

Lars Ritzka lieferte also auch im Moment der kompletten Ekstase von Mitspielern und Fans, im Moment des feststehenden Aufstiegs genau das, was man von ihm erwarten konnte: Zuverlässige Coolness. Und genau das hat man von ihm auch im Verlauf der letzten Saison auf dem Platz gesehen. Dabei wird gerne vergessen, dass Ritzka in dieser Spielzeit eine bemerkenswerte Entwicklung genommen hat, hin zu einem stabilen Linksverteidiger der Liga nämlich.

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Kern-Statistiken von Lars Ritzka der Saison 23/24, dargestellt als Perzentile im Vergleich zu allen Außenverteidigern der 2. Bundesliga.

(Erklärung: Die Länge des dunkel gefärbten Teils des Pizzastücks zeigt, wie viele Prozent der anderen Spieler auf dieser Position schlechtere Werte oder oder maximal den gleichen Wert haben. Komplett dunkel heißt: Keiner ist besser. Zudem sind die Absolutwerte in Zahlen angegeben.)

Bevor wir etwas genauer in die Zahlen einsteigen: Nach meinem subjektiven Eindruck kann die größte Stärke von Lars Ritzka (noch) in keiner Statistik abgebildet werden. Er besitzt nämlich ein gutes Raumgefühl, ist in der defensiven Positionsfindung sehr sicher und beläuft offensiv immer wieder offene Räume beziehungsweise bewegt sich sehr klug, um Räume für seine Mitspieler zu schaffen. Dieses Raumgefühl sorgt zwar nicht für herausragende Statistiken, es macht ihn aber zu einem ganz wertvollen Spieler für das Team des FCSP.

Safety first

Beim Blick in die Zahlen wird deutlich, dass Lars Ritzka keine wirklichen Schwächen hat. In einigen Bereichen sind seine Werte aber unterdurchschnittlich: Abgefangene Pässe, Pässe ins letzte Drittel, progressive Pässe, Dribblings, progressive Läufe – all diese Aktionen erfordern Mut und Risikobereitschaft. Ritzka hat sich oft eher für die sichere Variante entschieden. Nur etwas mehr als jeder zehnte Pass war progressiv. Das allerdings hängt auch mit seiner Position zusammen, weil er oft mit ins defensive Mittelfeld zog und dort eben weniger progressiv agieren konnte als Saliakas, der viel öfter auf der Außenbahn zu finden war.

Dabei hat Lars Ritzka eigentlich die Fähigkeiten, um deutlich mutiger zu agieren. Wenn er mal ins Dribbling ging, dann war er oft auch erfolgreich. Nur sechs (von 52) Spielern auf den defensiven Außenbahnen haben eine höhere Erfolgsquote bei den Dribblings. Es ist aber nicht unbedingt davon auszugehen, dass Ritzka seinen zuverlässigen Spielstil groß verändern wird. Dafür ist er in dieser Rolle einfach zu wichtig. Weil er dem Team mit gutem Spielverständnis und sicherem Passspiel (nur drei Spieler mit besserer Passquote) Stabilität verleiht. So dürfte Lars Ritzka auch in der Bundesliga eine wichtige Stütze sein, wenn auch vermutlich nicht als Stammspieler. Sowieso wird er weiterhin nicht der aufregendste Spieler des FCSP-Kaders sein. Zuverlässige Coolness eben, auf und neben dem Platz.

Philipp Treu – Rookie of The Year

Karol Mets wurde von mir, allein basierend auf subjektiver Einschätzung, zum ‚Defensive player of the year‘ des FC St. Pauli ernannt. Philipp Treu erhält den Titel ‚Rookie of the year‘. Er ist nicht weniger als DIE große Entdeckung im Team des FCSP. Spätestens nach der Hinrunde war klar, dass Treu entweder mit dem FC St. Pauli oder einem anderem Verein in Zukunft in der Bundesliga spielen wird, so stark waren seine Leistungen, so beeindruckend seine Entwicklung. Was ihn für den FCSP so wertvoll macht, lässt sich auch ganz hervorragend an den Statistiken ablesen:

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Kern-Statistiken von Philipp Treu der Saison 23/24, dargestellt als Perzentile im Vergleich zu allen Außenverteidigern der 2. Bundesliga.

(Erklärung: Die Länge des dunkel gefärbten Teils des Pizzastücks zeigt, wie viele Prozent der anderen Spieler auf dieser Position schlechtere Werte oder oder maximal den gleichen Wert haben. Komplett dunkel heißt: Keiner ist besser. Zudem sind die Absolutwerte in Zahlen angegeben.)

Nicht nur beim FC St. Pauli, sondern ligaweit Spitze

Auch Philipp Treu spielt verhältnismäßig wenige Pässe nach vorne ins letzte Drittel. Auch das dürfte mit seiner Positionierung zusammenhängen. Denn Treu zog es noch viel eher als Ritzka auf die Sechs. Mit ihm auf dem Platz gewann Jackson Irvine offensive Freiheiten, weil der dann vorschieben konnte. Und Treu hat zweifelsohne alle Fähigkeiten, um diese Position nicht nur zeitweise, sondern auch dauerhaft zu besetzen. Bei allen Überlegungen, wie das zentrale Mittelfeld des FC St. Pauli in der kommenden Saison aussehen könnte, sollte also auch immer der „Treu-Faktor“ hinzugezogen werden.

Zurück zu den Zahlen: Nur ein Außenverteidiger der 2. Bundesliga – Derrick Köhn, den es bereits im Winter für eine fette Ablösesumme zu Galatasaray zog – hat eine bessere defensive Zweikampfquote als Treu. Nur die beiden Kieler Außenverteidiger Porath und Sterner haben pro 90 Minuten und ballbesitzbereinigt mehr Pässe abgefangen als der 23-jährige linke Schienenspieler des FCSP. Diese Zahlen darf man beim positiven Blick auf sein herausragendes Spiel mit dem Ball nicht vergessen. Er kann deshalb nämlich getrost als bester AußenVERTEIDIGER der Liga bezeichnet werden.

Treu und die Bundesliga – das wird passen

Philipp Treu ist im System des FC St. Pauli ein sehr wichtiger Anker gewesen. Einer, der zwar nicht enorm progressiv spielt, dafür aber zum Beispiel die deutlich beste Passquote aller Außenverteidiger ins letzte Drittel hat. Insgesamt hat er vom FCSP-Trio auf der defensiven Außenbahn die meisten erfolgreichen Offensivaktionen, was auch daran liegt, dass nur Sei Muroya (Hannover 96) eine bessere Erfolgsquote bei den Offensivduellen vorweisen kann.

Nun steht für Treu also der Schritt in die Bundesliga an. Angesichts seiner Leistungen ist dieser nur logisch. Ihm ist zuzutrauen, dass er diesen nicht nur ohne Probleme, sondern in so beeindruckender Manier gehen wird, wie ihm der Übergang von der dritten in die zweite Liga gelungen ist. Das allerdings nur, wenn (da ist wieder so ein WENN) er möglichst zu Vorbereitungsbeginn wieder von seinem Wadenbeinbruch genesen ist.

Drei für zwei – zu wenig?

Allen drei Außenverteidigern des FC St. Pauli ist der Schritt in die Bundesliga zuzutrauen. Somit gibt es auf dieser Position nur bedingt Bedarf an Verstärkungen beziehungsweise auf anderen Positionen drückt der Schuh an der Spitze deutlich stärker. Allerdings hat man besonders im letzten Saisondrittel mitbekommen, wie problematisch es ist, dass es eben nur drei Spieler für diese zwei Positionen im Kader gibt. Zeitweise musste Connor Metcalfe aushelfen. Der machte seine Sache ordentlich, dürfte aber in der Bundesliga auf dieser Position nicht mehr mithalten können. Somit gibt es doch Bedarf auf dieser Position – der FC St. Pauli muss den Kader an dieser Stelle unbedingt verbreitern.

Es erscheint durchaus möglich, dass diese Kadererweiterung bereits geschehen ist. In der letzten Saison wurde Luca Günther mit einem Profivertrag ausgestattet, er trainierte auch bei den Profis mit. Mit Beginn der zweiten Saisonhälfte und zunehmenden Ausfallzeiten des unumstrittenen Trios rückte dann aber Eric da Silva Moreira mehr und mehr in den Fokus. Gegen Nürnberg feierte der seit kurzem 18-jährige sein Zweitligadebüt. Sein Vertrag mit dem FC St. Pauli hat sich nach Abendblatt-Information (€) um zwei Jahre verlängert. Eric da Silva Moreira wird kommende Saison also versuchen, richtig Fuß zu fassen bei den Profis des FCSP – und damit in der Bundesliga.

Sicher ist: Nur wenn die Verantwortlichen beim FC St. Pauli da Silva den Schritt hin zu einem ernsthaften Konkurrenten auf der Außenbahn zutrauen, gibt es keinen Bedarf an externer Verstärkung für diese Positionen. Andersrum gilt: Sollte der FCSP auch die notwendige Breite auf der Außenbahn abdecken können, dann ist diese Position auch in der Bundesliga richtig gut besetzt.// Tim

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