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·26. August 2025

Braucht der deutsche Amateurfußball Corporate Influencer?

Artikelbild:Braucht der deutsche Amateurfußball Corporate Influencer?

Kürzlich las ich über einen Bekannten, der Corporate Influencer stärker ins DFL-Marketing einzubauen will. Gemeint sind wohl vor allem Spieler, die als Markenbotschafter fungieren könnten. Im dörflichen Fußball war das in den 60er- und 70er-Jahren längst erfunden. Nur hießen die Influencer damals „Bürgermeister“, „Gebrauchtwagenhändler“, „Sparkassendirektor“ oder „Vereinsvorsitzender“. Das Ganze lief unter dem Stichwort „Lokalprominenz“ – wobei das Wort Lokal gelegentlich doppeldeutig war.

Müssen wir uns also heute im Amateurbereich ebenfalls den Kopf über „Corporate Influencer“ zerbrechen? Warum eigentlich nicht? Ein paar bekannte Gesichter könnten bestimmt nützlich sein, dem Dauer-Notstand im Breitensport abzuhelfen – oder wenigstens etwas Gehör in die Kommunalparlamente zu bringen. Auf dem Land ist der Verein vielerorts noch eine soziale Größe. In den Ballungsräumen rangieren wir dagegen inzwischen nicht mal mehr unter „ferner liefen“.


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Die Berliner Krankheit: Zuständig, aber nicht verantwortlich

Besonders grotesk wird es in der „Sportmetropole“ Berlin. Hier hält der Senat die Bezirke finanziell klein und in denen droht den Vereinen das berüchtigte Behörden-Pingpong. Stadträte werden proporzmäßig und nach Parteibuch, nicht immer nach Kompetenz ausgewählt. Das Ergebnis: Erbitterte politische Gegner sollen gemeinsam für die Sanierung von Sportanlagen sorgen. Traditionelles Ergebnis: Verzögerung um Jahre. Wohl dem, der wie wir einen parteilosen Spezialisten im Amt weiß. Doch auch der kann nicht zaubern.

Worauf man sich in Berlin stets schnell einigen kann? Genau: Es ist kein Geld da. Genauso wenig wie Planungskompetenz und Handwerker – vom politischen Willen wollen wir gar nicht reden. Am Ende steht allenthalben Schulterzucken, in das fatalerweise sogar die gewählten Vertreter:innen aus den Sportverbänden einstimmen. Was für die meisten Vereine kein Grund ist, es bei der nächsten Wahl mal mit anderen Lobbyisten zu probieren. Psst, hier ein vorsichtiger Hinweis: Nächstes Jahr sind in der Hauptstadt Wahlen! Aber nicht so laut, sonst könnte der Sport noch auf die Liste der Wahlkampfthemen kommen. Hat da gerade jemand „Olympia 36“ gesagt und sich dabei geschüttelt?

Wenn Vereine gegeneinander antreten – aber nicht auf dem Platz

In unserem Bezirk führt die Infrastruktur-Misere längst dazu, dass Vereine gegeneinander arbeiten. Statt solidarisch im Sinne des Zusammenhalts zu handeln, wird eine Nebelkerze nach der anderen geworfen. Die letzte (völlig unvorbereitete) Sitzung des Bezirkssportbunds endete ohne Ergebnis, wohl aber mit sehr viel schlechter Laune. Nächster Versuch: in zwei Wochen, diesmal hoffentlich mit Einbeziehung unseres durchaus motivierten und kompetenten Sportamts. Hätte man gleich so machen können, aber ich will nicht zu sehr ins Detail gehen, sonst wacht womöglich der darin liegende Teufel auf.

Kultur vs. Sport mit klarem Sieger

Der Sanierungsbedarf der Berliner Sportstätten wächst weiter – grob geschätzt zwischen 750 Millionen und 1,2 Milliarden Euro. Für die Sportmetropole (wer lacht da schon wieder?) ist das nicht zu stemmen – wobei? Eine Bundestagsabgeordnete aus dem Schwarzwald ist nach Berlin gezogen und über die Berliner Landesliste in den Bundestag gekommen. Unter anderem soll sie den Bezirk Neukölln vertreten, in dem sie als Direktkandidatin wie zuvor in Berlin-Mitte scheiterte und im Auftrag ihrer Regierungspartei den dortigen Bürgergeldempfängern die Verantwortung für die finanzielle Schieflage der öffentlichen Hand zuschiebt.

Vor Kurzem bejubelte sie die baldige Fertigstellung des Erweiterungsbaus für die „Neue Nationalgalerie“. Vor Freude darüber werden die Bewohnerinnen und Bewohner aus Berlins vermeintlich schwierigstem Bezirk bestimmt an den Rand des Wahnsinns geraten – vor allem die Kinder, von denen jedes Dritte arm oder von Armut bedroht ist. Berlin rechnet offiziell mit 600 Millionen für das Museum, Peanuts für uns. Wer die Hauptstadt kennt, weiß, das kann niemals das Ende der Fahnenstange sein. Da geht noch was! Wie immer ist für Hochkultur genug Geld da, der schnöde Breitensport kann hingegen bis zum St. Nimmerleinstag warten.

Die Politik gegen unsere Kinder ist herzlos

„Du sollst nicht immer die Kultur gegen den Sport ausspielen!“, sagen mir unsere Sportfunktionäre, von denen nicht wenige in einer der hiesigen Regierungsparteien sind. Mal ehrlich, Freunde, warum geht der Vergleich eigentlich nicht? Aber gut, ich will artig sein. Zumal die oben beschriebene Abgeordnete nun mal für Kultur zuständig ist und im Gegenteil zu den meisten Sportpolitikern den Oberbegriff ihres Ausschusses scheinbar ernst nimmt, wofür ich sie nicht kritisieren will.

Also wählen wir einen anderen Vergleichsmaßstab. Gerade wird die teuerste Autobahn der Republik quer durch die Stadt gefräst. Die kostet gleich 2 Milliarden und bringt den jungen Menschen – NICHTS! Wir könnten mit dem verbuddelten Geld alle maroden Sportstätten sanieren und noch neue dazu bauen, vor allem für die vielen jungen Leute, die doch alle auf die richtige (nicht die rechte) Bahn gebracht werden sollten, z. B. durch die Mitgliedschaft in einem Sportverein. Dort lernt man übrigens auch, wie Vielfalt und multikulturelles Miteinander in der Stadt respektvoll funktionieren, wie Zusammenhalt entsteht, wovon wir wahrlich mehr brauchen könnten. Aber wollen wir nicht zu ambitioniert an die Sache rangehen.

Wir könnten natürlich auch ein paar Schul-Toiletten so instand setzen, dass die Schülerinnen und Schüler sich wieder trauen, sich auf dieselben zu setzen und nicht durch Verzicht auf Trinken und Unterdrücken des Geschäfts gesundheitlich und psychisch Schaden nehmen. Was übrigens auch Auswirkungen auf das Jugendtraining und die Örtlichkeiten in den Vereinen hat, Einzelheiten erspare ich der geneigten Leserschaft, konstatiere aber: Die Politik GEGEN unsere Kinder und Jugendlichen ist herzlos und schädigt deren Zukunft, da gibt es nichts zu beschönigen.

Schöne neue Ehrenamtswelt

Trösten wir die Jüngsten mit dem Plan, ein „soziales Pflichtjahr“ für uns böse Boomer einzurichten. Zwar könnte man auch die fast drei Millionen Vermögens-Millionäre und 200 Milliardäre höher besteuern. Aber lassen wir das, Sport und Politik müssen schließlich getrennt werden (s. o.). Zurück zum Zwangssozialjahr für Oldies: Diese könnten sich um die von der Politik vernachlässigten Kinder oder die Pflege von Sportstätten widmen. Nur, wer steuert die alle? Und wie wird das, wenn die lebenserfahrenen 68-jährigen Rentner Trainer mit 22 Lenzen oder Jugendleiter der Mittdreißiger als Vorgesetzte haben? Und noch ein unbedeutender Einwand: Wann erledige ich dann mein jetziges Ehrenamt?

Apropos: Sollte es nicht Verbesserungen bei Freibeträgen, Abbau von Bürokratie und weitere Unterstützung für die Engagierte geben? Vielleicht sind die Seiten im Koalitionsvertrag versehentlich gelöscht worden. Ich hörte, so etwas soll in Ministerien hin und wieder passieren.

Der DFB steht fest an unserer Seite

Zum Glück verliert uns wenigstens der DFB nicht aus dem Blick. Am zweiten September-Wochenende gibt es den feierlich ausgerufenen „Tag der Amateure“ auf dem Frankfurter Campus. Nur schade: Wer in einer Suchmaschine danach sucht, bekommt alte Pokalfinals angezeigt, aber kein Programm. Ich wäre gern dabei – nur blöd, dass wir an dem Wochenende viele Punkt- und Pokalspiele haben. Kann man nichts machen, die Vereine aus dem Raum Frankfurt werden sicher Spaß bei unserem Dachverband haben. Vielleicht sollte man das Event aber doch besser in hessischen Tag der Amateure umbenennen.

Ich wünsche allen eine schöne neue Saison und mehr Taten als Schulterzucken.

P. S.: Sie wollen wissen, was meine offiziell eingereichte Kandidatur für das Amt des DFB-Vizepräsidenten macht? Wüsste ich auch gern, aber die Kommunikation ist unterbrochen. Für Quereinsteiger fühlt sich scheinbar niemand zuständig. Wäre ja auch noch schöner, wenn jeder daherkommen könnte … Womöglich noch mit neuen Ideen und dem Wunsch nach nötigen Transformationsprozessen!!!

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