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·12. Oktober 2022
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·12. Oktober 2022
Die Berichterstattung über den internationalen Fußball dreht sich hauptsächlich um die führenden fünf europäischen Ligen und ihre Topklubs. Doch auch dahinter wird attraktiver Fußball geboten, auf den wir regelmäßig im „Blick über den Tellerrand“ ein genaueres Auge werfen. Unser Blick richtet sich dabei auf die deutschen Nachbarländer Niederlande, Belgien, Österreich und die Schweiz sowie Portugal und Schottland, die in der UEFA-Fünfjahreswertung starke Positionen einnehmen.
Benfica (25 Punkte) startete mit 13 Pflichtspielsiegen in die Saison 2022/23. Diese beeindruckende Serie endete zwar mit einem torlosen Remis in Guimaraes. Das folgende 1:1 in der Champions League gegen Paris St. Germain sowie der sehr unterhaltsame 4:2-Erfolg über den munter mitspielenden Aufsteiger Rio Ave, mit insgesamt 40 Torschüssen, hielten die Laune im Lager des Rekordchampions aber aufrecht. Drei Punkte beträgt der Vorsprung auf den FC Porto (22), der allmählich in Fahrt zu kommen scheint, nachdem das 0:4 gegen Brügge einen frühzeitigen Tiefpunkt bedeutete. Das spektakulär gestartete Sporting Braga (19) hatte im Estádio do Dragao nichts entgegenzusetzen. Anschließend legte der amtierende Meister gegen Leverkusen (2:0) und Portimonense (2:0) mit jeweils hart erarbeiteten aber verdienten Erfolgen nach – und scheint somit gerüstet für den Showdown am 21. Oktober.
Braga, das mit 24 erzielten Toren immer noch die beste Offensive der Liga stellt, fiel wiederum in ein kleines Loch. Insbesondere das 1:2 gegen St. Gilloise und noch mehr das 0:1 gegen Chaves fielen doch sehr ernüchternd aus. Aufregung gab es auch außerhalb des Spielfeldes. Der Qatar Sports Investmentfonds (QSI), Hauptaktionär von Paris St. Germain, sicherte sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge 21,67 Prozent der Anteile. Die Entscheidungsgewalt besitzt also weiterhin der Verein. Doch die Spekulationen, wonach Sporting in Zukunft als Partnerklub von PSG fungieren wird, dürften in den kommenden Wochen und Monaten weiter anhalten. Erste Indizien könnten womöglich schon während des Transferfensters im Winter entstehen.
In ganz anderen Gefilden bewegen sich dagegen Pacos de Ferreira (2) und Maritimo (1). Beide Mannschaften sind nach neun Spielen noch ohne Sieg, wobei die Formkurve sogar eher nach oben zeigt. Pacos verlor vor allem aufgrund erheblicher defensiver Schwächen seine ersten sechs Spiele, ehe es zwei Unentschieden gegen die direkten Konkurrenten Santa Clara und Arouca einfuhr. Einen Rückschlag setzte es am Wochenende, als auf ein frühes Tor von Vitoria Guimaraes keine Antwort mehr gefunden wurde, dafür aber gleich zwei Akteure durch Platzverweise verloren gingen.
Noch schlimmer erging es Maritimo, das sogar acht Begegnungen am Stück verlor, dabei mehrfach eine Führung verspielte. Bei Boavista gerieten die seit September von Joao Henriques trainierten Kicker aus Madeira zwar in Rückstand, glichen durch Andre Vidigal aus und hatten durch Joel, der einen Elfmeter vergab, sogar noch den Siegtreffer auf dem Fuß. Der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt trotz der miserablen Bilanz nur vier Zähler, wobei in den kommenden Wochen mit Arouca, dem Kellerduell gegen Pacos und Famalicao vermeintlich lösbare Aufgaben warten.
Ajax oder PSV? Diese Frage stellen sich die Beobachter des niederländischen Fußballs seit der Spielzeit 2017/18, wenn über den Gewinn der Eredivise diskutiert wurde. Aktuell lauert die Antwort allerdings AZ Alkmaar (23 Punkte) – und das keineswegs zufällig. Die Kaaskoppen unterstrichen ihren 2:1-Erfolg über Ajax, indem sie ungefährdet mit 4:1 in Groningen gewannen und auch das schwierige Auswärtsspiel bei Utrecht (2:1) meisterten. Mit nur sieben Gegentoren stellt AZ die beste Defensive der Liga, ohne allerdings verhalten zu agieren. Selbst gegen zumindest aus individueller Sicht üebrlegende Gegner sucht es stets geschlossen den Weg nach vorne. Trainer Pascal Jansen (49) kann sich auf tolle Einzelkönner wie Jordy Clasie, Tijani Reijnders oder Dani de Wit verlassen. Zudem schafften die talentierten Myron van Brederode und Milos Kerkez den Durchbruch, sodass die Mannschaft auch den Ausfall von Torjäger Vangelis Pavlidis kompensieren kann.
Nur einen Zähler hinter Alkmaar liegt Ajax (22). Die Stimmung ist jedoch eine ganz andere, denn das Liga-Aushängeschild erlebte eine Sieglosserie von vier Spielen, wobei, anders als beim FC Bayern, Leistungen wie Resultate teils desaströs ausfielen. Daher haderte der erst im Sommer das schwere Erbe von Erik ten Hag (52) angetretene Alfred Schreuder (49) nach dem 1:6-Debakel gegen Napoli mit der Qualität des Kaders, der sich nach vielen Abgängen wohl immer noch in der Findungsphase aufhält, obwohl die ersten Spiele schon sehr vielversprechend aussahen. Der zwischenzeitlich durchaus gefährdete 4:2-Sieg in Volendam sorgte kurzzeitig für Ruhe. Schon am Mittwoch könnte diese jedoch ein Ende finden, wenn die Amsterdamer erneut gegen Napoli den Kürzeren ziehen.
(Photo by Dean Mouhtaropoulos/Getty Images)
Hinter Ajax lauern erwartungsgemäß PSV (21), das beim 0:3 in Cambuur einen vollkommen unerwarteten Dämpfer erlitt, und Feyenoord (20). Trotz acht ungeschlagener Begegnungen hintereinander liegt NEC Nijmegen (10) hingegen schon weit im Hintertreffen. Der letzte Sieg datiert nämlich vom 14. August: Damals siegte NEC glatt mit 4:1 in Volendam. Darauf folgen sieben (!) meist unspektakuläre Punkteteilungen. Auf der Anzeigetafel stand nach 90 Minuten stets ein 0:0 oder 1:1, wie am vergangenen Sonntag, wo das von Rang sechs grüßende Excelsior (14) in der 88. Minute ausglich, sodass Nijmegen im Auswärtsspiel bei Sparta Rotterdam einen neuen Anlauf starten muss, um das achte Remis in Folge zu vermeiden.
Royal Antwerpen (30) verabschiedete sich mit einer makellosen Bilanz von neun Siegen in die Länderspielpause. Im Anschluss setzte es beim KV Kortrijk (10), derzeit auf Platz 15 stehend, den ersten Rückschlag in Form einer 1:2-Niederlage. Sie lässt sich wohl als Ausrutscher abstempeln, denn am Freitagabend gewann das von Mark van Bommel gecoachte Antwerpen souverän mit 2:0 gegen St. Truiden. Dahinter lauert der KRC Genk (28), der inzwischen wohl als Meisterschaftsanwärter zu bezeichnen ist. Seit der Auftaktniederlage holte er 28 von möglichen 30 Zählern, gewinnt auch schwierige Spiele wie zuletzt in Oostende mit 2:1. Am 23. Oktober steigt im Bosuilstadion von Antwerpen das mit Spannung erwartete Gipfeltreffen.
Überraschenderweise nicht am absoluten Topspiel beteiligt sein wird der FC Brügge (22). Dass der amtierende Meister eine außergewöhnliche Qualität mitbringt, unterstreicht er Woche für Woche in der Champions League. Mit voller Punktzahl und 7:0-Toren führt er die Gruppe mit Leverkusen, Porto und Atlético souverän an. Die Madrilenen mussten sich erst in der Vorwoche mit 0:2 in Brügge geschlagen geben, wobei ihnen äußerst diszipliniert verteidigende Hausherren nur sehr wenig einfiel. Zudem setzte Antoine Griezmann einen Handelfmeter an die Latte. Allerdings konnte der FC Brügge den Erfolg nicht in die Liga übertragen, verlor am Sonntag trotz klarer Feldvorteile gegen Westerlo mit 0:2.
(Photo by KENZO TRIBOUILLARD/AFP via Getty Images)
Anders ergeht es Royal Union St. Gilloise (22), das in der Europa League ebenfalls alle drei Spiele gewann, dem Ligabetrieb aber nicht schleifen ließ. Der letztjährige Vizemeister entschied die vergangenen drei Begegnungen für sich, bezwang auch den nach dem Trainerwechsel zu Miron Muslic verbesserten Vorletzten Cercle Brügge (9) mit 2:1. Noch dahinter rangiert der SV Zulte Waregem (5), dessen Formtief immer krassere Ausmaße annimmt. Nach dem Auftaktsieg gegen Seraing kamen nur noch zwei magere Punkte hinzu. Die letzten fünf Begegnungen gingen allesamt verloren – und zwar nicht knapp, sondern immer mit mindestens zwei Treffern Unterschied. Das 2:5 gegen Oud-Heverlee Leuven bewies nochmals, dass der Weg des seit Juli vom unerfahrenen Mbaye Lee trainierten Zulte Waregem in der aktuellen Verfassung geradlinig in die Zweitklassigkeit führt. Das Gastspiel in Kortrijk am Samstagnachmittag besitzt bereits wegweisenden Charakter.
RB Salzburg (26) gilt als turmhoher Favorit auf die Meisterschaft – es wäre die zehnte am Stück. Die außergewöhnliche Qualität stellte der junge Kader (Durchschnittsalter: 22,6 Jahre) bislang in der Champions League unter Beweis, wo in einer Gruppe mit dem FC Chelsea und der AC Milan Rang eins nach drei Spieltagen zu Buche steht. In der Liga grüßt RBS ebenfalls von der Spitze, mühte sich zuletzt zu einem 3:2-Erfolg beim von Miroslav Klose trainierten SCR Altach. Zuvor schnuppert der LASK in Salzburg bis zur fünften Minute der Nachspielzeit am Auswärtssieg, dann egalisierte Oumar Solet den 0:1-Rückstand.
Als großer Profiteur der RB-Leistungsdifferenzen zwischen Champions League und Bundesliga könnte sich Sturm Graz (24) erweisen, das trotz europäischer Belastung erstaunlich konstante Leistungen auf nationaler Ebene bringt. Das als schwierig eingestufte Auswärtsspiel bei Austria Wien gewann man mit 3:0, danach folgte ein 2:1-Arbeitssieg über Tirol. Sturm greift auf eine sehr stabile Defensive um Torhüter Jakob Siebenhandl sowie die Innenverteidiger Gregory Wüthrich und David Affengruber zurück, die in der Bundesliga erst sechs Gegentore – damit eines weniger als Salzburg – zuließen. Am kommenden Sonntag soll gegen den Wolfsberger AC (14) der fünfte Sieg hintereinander gelingen, ehe am 23. Oktober das Topspiel in Salzburg stattfindet.
Wolfsberg befindet sich momentan im Wiener Sandwich auf dem sechsten Platz. Vor dem WAC liegt die mit drei Minuspunkten in die Saison gestartete Austria (15). Sie gewann am Sonntag die 337. Auflage des Wiener Derbys bei Rapid mit 2:1, nachdem die letzten sieben Vergleiche allesamt Unentschieden endeten. Eine starke erste Hälfte garniert mit Toren von Muharem Huskovic und Dominik Fitz gab den Ausschlag zugunsten der Violetten, deren Schlussmann Christian Früchtl nach dem Seitenwechsel mehrfach glänzend parierte, sodass Rapid (14) keinen Weg zurück ins Spiel fand und die immer noch junge Saison jetzt schon von Enttäuschungen dominiert wird, die womöglich auch bald zu persönlichen Konsequenzen für Trainer Ferdinand Feldhofer führen könnten.
Mit zwei Punkten Vorsprung auf die Rangers (22) verabschiedete sich Celtic (24) in die Länderspielpause. Zwei Spieltage später hat sich in der Lage nichts verändert, obwohl die Bhoys Schwerstarbeit verrichten mussten. Zunächst mühten sie sich zu einem 2:1-Heimerfolg über den FC Motherwell, anschließend unterlagen sie in der Champions League gegen Leipzig trotz ansprechender Vorstellung mit 1:3. Am Samstagmittag geriet Celtic auch beim sich eher nach unten orientierenden FC St. Johnstone (10) in Bedrängnis. Bis zur dritten Minute der Nachspielzeit schaute es nach einem schmucklosen 1:0-Auswärtssieg aus, doch dann rutschte ein Standard durch und Alex Mitchell vollendete zum 1:1. Die Antwort des Spitzenreiter erfolgte umgehend. Stoßstürmer Georgios Giakoumakis drückte eine scharfe Hereingabe von Alexandro Bernabei zum umjubelten 2:1 über die Linie.
Somit hielten die Rangers lediglich den Anschluss an den amtierenden Meister. Die Leistungen besserten sich aber im Vergleich zu den Vorwochen. Sowohl die Hearts of Midlothian (4:0) als auch der FC St. Mirren (4:0) waren während der 90 Minuten chancenlos. Antonio Colak erzielte gleich die Hälfte der acht Tore. Besonders beachtlich an den deutlichen Erfolg ist die Tatsache, dass beide Kontrahenten zur oberen Tabellenhälfte der Premiership gehören. Der FC St. Mirren (15) verlor am Wochenende Rang drei, als sogernannter „Best of the rest“, an den Hibernian FC (17), der nach schwachem Saisonstart an Fahrt aufnahm und die letzten vier Partien allesamt auf seine Seite zog. Dabei profitierten die Hibs gleich dreimal von einem relativ frühen Platzverweis zuungunsten des Gegners.
(Photo by Ian MacNicol/Getty Images)
Insgesamt trennen den dritten und achten Platz lediglich fünf Zähler. Dahinter, beginnend mit St. Johnstone, läuft der Abstiegskampf. Der FC besitzt zwar fünf Zähler Vorsprung auf das Tabellenende, doch die Konkurrenz nimmt allmählich an Fahrt auf, wozu er selbst beitrug, indem er beim FC Kilmarnock (8) unterlag. Ross County (8) zog am Samstag mit Kilmarnock gleich, da es sich mit 1:0 in Livingston durchsetzte. Das kräftigste Ausrufezeichen platzierte allerdings Schlusslicht Dundee United (5), das den Europapokal-Aspiranten glatt mit 4:0 bezwang und die verbesserten Leistungen unter dem neuen Cheftrainer Liam Fox in ein erstes Erfolgserlebnis umwandelte. Hibernian…
So eng wie seit einigen Jahren nicht mehr befand sich die Spitze der Super League bis zur Nations-League-Unterbrechung beisammen. Seitdem hat sich einiges getan, denn nur die Young Boys (23) gewannen seitdem ihre zwei Partien, wenn auch dank später Treffer. In Luzern (2:1) stach Joker Jan-Pierre Nsamé in der Nachspielzeit, im Vergleich mit dem ebenfalls gut aufgelegten FC St. Gallen (15) stand es bis zur 87. Minute 1:1, ehe ein unglückliches Eigentor von Leonidas Stergiou den Berner Sieg sicherte. Jenes St. Gallen unterlag zuvor bereits beim FC Basel mit 2:3, weshalb der Abstand zu Rang eins nun schon acht Punkte beträgt.
Noch in Sichtweite befindet sich Servette Genf (18), obwohl es zuletzt zweimal sieglos blieb. In den Vergleichen mit Lugano (0:1) und Luzern (1:1) offenbarten die Grenats abermals größere Schwierigkeiten im Angriffsspiel. Insbesondere beim Erspielen von hochkarätigen Möglichkeiten hapert es. Dennoch langte es bisher zu 18 Zählern für Genf, wobei in den bisherigen zehn Ligaspielen nur magere zwölf Tore bejubelt worden. Mit nur neun Gegentoren stellt Servette die zweitbeste Defensive der Super League. Weit von solchen Werten entfernt ist aktuell der FC Basel (15), der keinerlei Konstanz in seine Resultate bekommt. Auf den verdienten 3:2-Erfolg gegen den Drittplatzierten St. Gallen, folgten zwei maue Auftritte: in der Conference League gegen Slovan Bratislava (0:2) und in der Liga beim FC Lugano (0:1). Jenes Lugano nimmt aktuell den vierten Platz ein und steht genauso wie das wesentlich stabiler auftretende St. Gallen nur drei Punkte vor dem FCB.
Immerhin müssen sich die Baseler derzeit nicht mit Abstiegssorgen auseinandersetzen. Dies machen aktuell zwei Vereine unter sich aus, die mittlerweile die Positionen getauscht haben. Der FC Winterthur (6), mit dem mit großem Abstand niedrigsten Etat ausgestattet, landete am neunten Spieltag den befreienden ersten Saisonsieg durch ein 3:1 beim FC Sion. Den Erfolg bestätigte der Aufsteiger beim FC Zürich, wo er sich ein 0:0 erkämpfte. Der FCZ, als Titelverteidiger in die Saison, besaß zwar klare Feldvorteile, agierte aber wieder einmal glücklos. Unter Interimstrainer Genesis Colatrella sprangen zumindest zwei Punkteteilungen, auch im Stadtderby gegen die Grasshopper, heraus. Die Wende soll der Däne Bo Henriksen, zuletzt beim FC Midtjylland aktiv, bringen, den der Klub am Montag als neuen Cheftrainer präsentierte. Sein Startprogramm hat es in sich. Nach dem Europa-League-Gastspiel in Eindhoven folgen Duelle mit den Young Boys, Basel und das nächste stadtinterne Aufeinandertreffen.
(Photo by MAURICE VAN STEEN/ANP/AFP via Getty Images)