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·25. April 2025
Bayern bei neuem 7v7-Turnier: Fluch oder Segen für den Frauenfußball?

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·25. April 2025
Große Worte, große Summen, kleines Spielfeld. So könnte man das Motto eines neuen Turniers beschreiben, das den Frauenfußball aufmischen will. Die World Sevens Football Series will über die nächsten Jahre ein wichtiges Turnier im Frauenfußball werden.
Das Spielfeld ist halb so groß wie normal, statt elf Spielerinnen stehen nur sieben auf dem Rasen, gespielt werden zweimal 15 Minuten. Das erste Turnier wird zwischen dem 21. und dem 23. Mai im portugiesischen Estoril ausgetragen.
Von einer "neuen Ära des Frauenfußballs" spricht der Head of Football, Adrian Jacob - in den klassisch vollmundigen Worten, die von einem Turnier zu erwarten sind, das sich wie ein amerikanisches Startup präsentiert. Ein überaus erfolgreiches Startup: Die Turnierserie World Sevens Football (W7F) konnte viele Sponsoren an Land ziehen und so ein äußerst üppiges Preisgeld ausschreiben.
Fünf Millionen Dollar werden insgesamt verteilt. Die Gewinnerinnen werden 2,5 Millionen Dollar bekommen - mehr als die diesjährigen Champions-League-Siegerinnen, obwohl sie am Ende des Turniers nur insgesamt zweieinhalb Stunden auf dem Rasen standen. In der Champions League sind es von Gruppenphase bis Finale mindestens 17 Stunden Fußball, die gespielt werden. Ein lukratives Aufwand-zu-Geld-Verhältnis.
Da wundert es nicht, dass Teams wie Manchester United, Ajax Amsterdam und Benfica Lissabon teilnehmen. Als eins von acht Teams sind auch die Bayern-Frauen dabei. Diese Nachricht wurde von den Fans mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Ist das neue Fußballturnier ein Fluch oder ein Segen?
Die Bayern-Frauen sind im Viertelfinale der Champions League ausgeschieden. Das bedeutet: Eigentlich wäre die Saison für sie mit dem Bundesliga-Abschluss am 11. Mai beendet. Jetzt gibt es statt der Pause ein weiteres Turnier. Wie die World Sevens Football Series zukünftig in den Kalender passen soll, ist eine berechtigte Frage.
Denn auch weitere Wettbewerbe wie die Klub-WM der Frauen kommen bald hinzu, in der Champions League wird es wegen der Reform mehr Spiele geben. Schon jetzt kritisieren Topspielerinnen den vollen Kalender, die Belastung ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Vivianne Miedema schrieb kürzlich in einem Instagram-Post: "I will say this over and over again, to the people in charge of the football calendar, it is time to realise the current schedule will need to change for players physical and mental safety."
Spricht sich immer wieder gegen die hohe Belastung aus: Vivianne Miedema / BSR Agency/GettyImages
Gleichzeitig wächst die Lücke zwischen dem Kalender der Topteams und dem Rest immer weiter: Während viele Bundesliga-Teams sogar eher zu wenige kompetitive Spiele haben, und durch lange Pausen aus dem Rhythmus gebracht werden, platzt der Kalender der größten Teams aus allen Nähten. Aus diesem Grund waren viele Bayern-Fans mit der Ankündigung, bald noch ein neues Turnier zu bestreiten, unzufrieden. Es gibt aber auch noch eine andere Seite der Medaille.
Der erste wichtige Punkt: Die Bayern-Spielerinnen durften laut The Athletic selbst entscheiden, ob sie an dem Turnier teilnehmen wollen. Von einem Zwang zur Überbelastung durch den Klub, um mehr Geld einzunehmen, kann also keine Rede sein.
Auch für die Spielerinnen lohnt sich die Teilnahme finanziell: Sie werden direkt am Gewinn beteiligt - wie viel sie genau bekommen, müssen die Klubs intern diskutieren. Für die Spielerinnen ist der Wettbewerb damit besonders attraktiv.
Das Turnier versucht auch sonst, auf die Athletinnen zuzukommen: Es wurde ein Players Council mit prominenten Ex-Spielerinnen wie Anita Asante und Tobin Heath eingerichtet, um auf die Bedürfnisse der Spielerinnen einzugehen.
Zumal die großen Namen womöglich weniger spielen als sonst. Denn die Klubs sind nicht verpflichtet dazu, ihre beste Startelf auf den Rasen zu schicken. Adrian Jacob von W7F scheint selbst schon zu erwarten, dass die großen Stars wie Ella Toone oder Pernille Harder nicht immer spielen: "I would expect them definitely to come but how much they play, is a different matter", sagte er.
Am Ende ist die Debatte um zu viel Belastung also etwas überhitzt, führt man sich vor Augen, dass es letztendlich nur um zweieinhalb Stunden Fußball geht (drei Gruppenspiele über 60 Minuten plus Halbfinale und Finale) - über eine ganze Saison gesehen ist das sehr wenig. Da die Spielerinnen bei Bayern selbst für das Turnier stimmten, scheinen auch sie die Belastung als verschmerzbar einzuschätzen.
Über die Frage der Belastung hinaus wirft das Turnier einige weitere interessante Diskussionspunkte auf. Vor allem die Frage: Wie kann es sein, dass so ein kurzes Turnier mit einem ähnlichen Preisgeld aufwarten kann wie die Champions League - der prestigereichste und geschichtsträchtigste europäische Fußballwettbewerb?
Das Turnier selbst wird wohl wenige Einnahmen generieren: Die Spiele finden nicht in einer Fußballmetropole statt, sondern im portugiesischen Estoril, wo sich wohl nicht viele Fans einfinden werden. Zumal die Tickets vergleichsweise günstig sind. Und übertragen werden die Partien kostenlos von DAZN, einen großen TV-Deal gibt es also nicht.
Und doch konnte das neue Turnier zahlreiche Investoren von sich überzeugen. Dass das der World Sevens Football Series gelungen ist, während viele weitere Wettbewerbe händeringend nach Sponsoren suchen, sollte ihnen zu denken geben. Natürlich kann darüber gestritten werden, ob nur die Maximierung von Preisgeldern das Ziel sein sollte - aber auch andere Wettbewerbe denken klar in ähnlichen Mustern, nur weniger erfolgreich.
Das neue 7v7-Turnier kann auch eine Chance für den Frauenfußball sein, da es etablierte Akteure auffordert, sich selbst zu hinterfragen. Wollen wir weiter imitieren oder neues probieren? Noch immer werden Frauen-Bundesliga und Champions League im Schatten ihrer männlichen Äquivalente gesehen. Neue Regeln könnten helfen, um diesen ständigen Vergleichen aus dem Weg zu gehen, ein eigenständiges Produkt zu schaffen. Das 7v7-Turnier kann damit ein Ausgangspunkt für weitere Debatten sein.
In anderen Sportarten zeigen sich ähnliche Trends: Die amerikanische Frauen-Basketballliga Unrivaled kann etwa bei den Gehältern fast mit der WNBA mithalten, obwohl nur einige Wochen statt einer ganzen Saison gespielt wird. Auch hier wird ein anderes Format genutzt.
Über die Sinnhaftigkeit von Fußball mit sieben Spielerinnen kann noch gestritten werden. Aber das neue 7v7-Turnier sollte nicht bloß als ein weiterer unnötiger Wettbewerb in einem vollen Kalender gesehen werden. Stattdessen müssen sich etablierte Wettbewerbe wie die Champions League fragen, wie auch sie Sponsoren anziehen können und ein eigenständiges Turnier statt nur einer Kopie entwerfen können.