Baumann: "Ein A-Länderspiel ist noch mein unerfüllter Traum" | OneFootball

Baumann: "Ein A-Länderspiel ist noch mein unerfüllter Traum" | OneFootball

Icon: DFB

DFB

·19. Januar 2022

Baumann: "Ein A-Länderspiel ist noch mein unerfüllter Traum"

Artikelbild:Baumann: "Ein A-Länderspiel ist noch mein unerfüllter Traum"

Obwohl Oliver Baumann mit 377 Bundesligaspielen die zweitmeisten aller aktuellen Keeper in der Bundesliga absolviert hat, fliegt er in der öffentlichen Wahrnehmung etwas unter dem Radar. Auch weil dem Torwart der TSG Hoffenheim in seiner Vita noch ein A-Länderspiel für Deutschland fehlt. Vor dem DFB-Pokalachtelfinale heute Abend (ab 20.45 Uhr, live bei Sky) gegen den SC Freiburg spricht der 31 Jahre alte Keeper im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Tobias Gonscherowski über das Duell mit seinem Ex-Klub und seinen noch unerfüllten Traum.

DFB.de: Oliver Baumann, die TSG Hoffenheim ist in der Bundesliga die Mannschaft der Stunde. Wie gefällt Ihnen diese Rolle?


OneFootball Videos


Oliver Baumann: Ich sehe das positiv. Da ich mir die Tabelle nicht so oft anschaue, war mir das nicht so bewusst, dass wir jetzt, was die genaue Platzierung betrifft, so gut da stehen.

DFB.de: Wenn es darum geht, den Erfolg von Hoffenheim zu beschreiben, fallen häufig Begriffe wie Teamspirit und Geschlossenheit durch die besondere Corona-Situation in Hoffenheim im vergangenen Jahr. Was zeichnet die Mannschaft noch aus?

Baumann: Teamspirit auf jeden Fall. Man merkt schon, dass wir uns alle sehr gut verstehen. Außerdem hat sich die Mannschaft sehr gut entwickelt. Wir hatten in der Hinrunde eine Phase, in der wir nicht so torgefährlich waren. Das wurde intern thematisiert und mehr trainiert. So kam es auch zur Entwicklung, dass wir jetzt sehr viele verschiedene Torschützen haben. Wir kommen zu vielen Torchancen. Und wir verteidigen auch besser.

DFB.de: In der Bundesliga hat das jetzt bis auf Platz drei geführt. Im DFB-Pokal steht nun das Achtelfinale an. Wie wichtig ist der Wettbewerb für Sie?

Baumann: Leider habe ich als Profi bisher nicht viel erreicht im DFB-Pokal. Ein Halbfinale, ein Viertelfinale. Mit der A-Jugend habe ich den Pokal 2009 gewonnen. Der Pokal hat definitiv einen hohen Stellenwert, weil es in der Summe wenig Spiele sind, in denen du viel erreichen kannst. Die K.o.-Spiele sind international sehr interessant und im DFB-Pokal genauso. Es kommt darauf an, so wenige Fehler wie möglich zu machen. Denn du hast nicht viele Möglichkeiten, Fehler wieder gutzumachen, weil es kein Rückspiel gibt. Der Anreiz, schnell in die heißen Spiele wie Viertelfinale, Halbfinale oder Endspiel zu kommen, ist sehr groß. Mit dem SC Freiburg erwartet uns nun im Achtelfinale ein Topgegner.

DFB.de: Haben Sie besondere Erinnerungen an Ihre bisherigen Einsätze im DFB-Pokal?

Baumann: Das Halbfinale mit Freiburg in Stuttgart im Jahr 2013 war sehr ärgerlich. Wir waren so weit gekommen und haben dieses Derby dann 1:2 verloren. Das Spiel würde ich gerne nochmal wiederholen.

DFB.de: Jetzt also erwartet die TSG Hoffenheim den SC Freiburg, der sich für viele überraschend im oberen Tabellendrittel festgesetzt hat. Kommt das auch für Sie überraschend?

Baumann: Nein, und zwar aus folgendem Grund. In der Vergangenheit hatte der SC Freiburg nach einer Saison oft viele Spieler verkauft. Das war diesmal aber nicht der Fall. Wenn eine Mannschaft bis auf ein, zwei Spieler im Kern zusammenbleibt, spielt sie nach meiner Erfahrung in der Regel in der Folgespielzeit eine bessere Saison. Man hat eine bessere Entwicklung genommen, man versteht sich besser, vorausgesetzt, man hat sich vorher schon gut verstanden. Das war auch schon zu meiner Freiburger Zeit so. So sind wir in die Europa League eingezogen. Und was passierte dann in der Saison, in der wir nach einigen Abgängen international gespielt haben? Wir wären fast abgestiegen.

DFB.de: Sie sind inzwischen seit 2014 bei der TSG unter Vertrag und treffen immerhin mit Christian Günter, Nicolas Höfler und Jonathan Schmid auf drei Spieler beim Sport-Club, mit denen Sie noch zusammengekickt haben. Das ist schon ungewöhnlich.

Baumann: Das ist natürlich auch typbedingt und hängt davon ab, wie wohl man sich bei einem Verein fühlt.

DFB.de: Wie wohl haben Sie sich in Freiburg gefühlt?

Baumann: Sehr wohl. Ich war in der Region, beim Verein und in der Stadt einfach zuhause. Aber dann hatte ich den Drang, dieses Zuhause zu verlassen.

DFB.de: Christian Streich ist wie zu Ihrer Zeit auch heute noch Trainer des SC Freiburg. Was ist sein Erfolgsrezept seit zehn Jahren?

Baumann: Er hat einen hohen Anspruch an Disziplin und Demut. Das beste Beispiel für seine Demut lieferte er erst kürzlich wieder nach dem 6:0 in Mönchengladbach, als er sich schon fast traurig im Interview zeigte. Und natürlich sein Fußballwissen.

DFB.de: Das Hoffenheimer 2:1 in der Bundesliga liegt noch nicht lange zurück. Welche Lehren ziehen Sie daraus, was für ein Spiel erwarten Sie diesmal?

Baumann: Ich erwarte ein ähnliches Spiel, in dem es auf Details ankommen wird. Es wird vermutlich wieder knapp, weil beide Mannschaften sehr gut sind. Es ist immer interessant, gegen Freiburg zu spielen und zu sehen, wie sie taktisch agieren. Ich spiele diese Spiele immer sehr gerne.

DFB.de: Nachdem der FC Bayern München bereits ausgeschieden ist, ist das Feld offen. Die TSG gehört tabellarisch zu den Favoriten auf den Titel. Wie weit darf man in Hoffenheim schon träumen, dass in diesem Jahr etwas ganz Großes möglich ist?

Baumann: Da kommen wir wieder zurück zu einem Erfolgsrezept von Christian Streich, das er mir immer vorgelebt hat. Demut ist immer ein guter Begleiter. Es bringt jetzt nichts zu träumen. Es ist schön, hohe Ziele zu haben. Ich bin auch ein Freund davon. Aber das Spiel gegen Freiburg wird schwer genug. Wir dürfen uns nicht ablenken lassen von "was wäre, hätte, wenn".

DFB.de: Kommen wir auf Sie persönlich zu sprechen. Sie spielen seit 2010 in der Bundesliga und haben in dieser Zeit, weitgehend von Verletzungen verschont, fast durchgespielt. In den zwölf Jahren haben Sie nur 16 Partien verpasst. Welches Geheimnis steckt hinter Ihrer Konstanz und Fitness?

Baumann: Da gibt es kein Geheimnis. Man muss einfach Profi sein. Das bedeutet, sich gut zu ernähren, auf seinen Körper zu hören, viel Training, viel Disziplin und auch viel Arbeit.

DFB.de: Sie haben Bundesliga, Pokal, Champions League, Europa League gespielt. Was noch fehlt ist ein A-Länderspiel für Deutschland. Ist das noch der bis jetzt unerfüllte Traum?

Baumann: Ja.

DFB.de: Haben Sie den Eindruck, dass Sie bei einem Verein wie Hoffenheim im Vergleich zu anderen Toptorhütern etwas unter dem Radar fliegen? Würden Sie als Keeper beispielsweise von Borussia Dortmund mehr im Fokus stehen?

Baumann: Da liegen Sie wahrscheinlich nicht falsch. Es ist immer so: Wenn du in einem größeren Verein mit mehr Mitgliedern, vielleicht mehr Tradition spielst, wirst du anders gepusht. Aber mir ist das nicht mehr so wichtig. Aus dem Alter bin ich raus. Die Fachmänner wissen das einzuordnen.

DFB.de: Was rechnen Sie sich noch aus?

Baumann: Sich etwas ausrechnen, bringt ja nichts, weil ich nicht alles in der eigenen Hand habe. Ein A-Länderspiel ist noch der unerfüllte Traum. Ich mache einfach so weiter. Ich habe auch Kontakt zu Andreas Kronenberg, dem Torwarttrainer der Nationalmannschaft und des SC Freiburg, der auch mein Torwarttrainer in Freiburg war. Wir reden dann auch über mein Spiel. Ich versuche, mich immer weiter zu verbessern. Da ist das Alter auch völlig egal. Und dann schauen wir mal.

Impressum des Publishers ansehen