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·26. Februar 2024

Aufstiegsreif?

Artikelbild:Aufstiegsreif?

Mit dem Sieg im Spitzenspiel hat sich der FC St. Pauli eine komfortable Ausgangssituation für den Rest der Saison geschaffen. Wie aufstiegsreif ist das Team?(Titelbild: Peter Boehmer)

Nein, mit 48 Punkten steigt man nicht auf. Also, theoretisch kann man damit sogar noch absteigen, aufsteigen vermutlich auch. Aber es fehlen da sicher noch einige Punkte. Trotzdem hat sich der FC St. Pauli mit seiner bisherigen Saison in eine blendende sportliche Situation gebracht. Denn ein paar Zahlen zeigen: Dieses Team ist aufstiegsreif.


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Punktabstand spricht klar für Aufstiegsreife

48 Punkte nach 23 Spieltagen sind nicht viel weniger als ein Statement. Und statistisch gesehen ein fast sicherer Indikator, dass der FCSP aufsteigt. Einzig der HSV hat in den letzten zwölf Zweitligajahren das Kunststück fertiggebracht, mit 48 Punkten zum selben Zeitpunkt am Ende dann nur auf dem dritten Tabellenplatz zu landen, 22/23 war das. Aber die absolute Punktzahl ist nur bedingt aussagekräftig. Denn neben dem HSV gab letzte Saison zwei Teams, die gleich viele oder mehr Punkte nach 23 Spieltagen gesammelt hatten, er lag damals nur auf Platz drei. Es ist also auch wichtig zu schauen, wie die Konkurrenz im Rennen liegt, um einschätzen zu können, wie hoch die eigenen Chancen sind. Also:

Der FC St. Pauli hat nun sieben Punkte Vorsprung auf Platz drei, zehn auf Platz vier. Wie wahrscheinlich ist es, dass dieser Punktevorsprung nicht zum Aufstieg reichen wird?In den letzten 28 Zweitligajahren, also seit Einführung der 3-Punkte-Regel, gab es insgesamt 13 Vereine, die nach 23 Spieltagen sieben Punkte Vorsprung auf Platz drei hatten. Zwölf Vereine hatten zehn Punkte Vorsprung auf Platz vier. Zehn dieser Vereine hatten auch sieben Punkte Vorsprung auf Platz drei, es geht also insgesamt um 15 Vereine. Egal, welche dieser beiden Statistiken man sich anschaut: Alle diese Vereine sind am Saisonende aufgestiegen. Die aktuelle Tabellensituation spricht also klar für den Aufstieg des FC St. Pauli.

26 von 28 Spitzenreitern nach 23 Spieltagen stiegen auf

Der 23. Spieltag ist übrigens sowieso ein verlässlicher Gradmesser für Aufstiegswahrscheinlichkeiten. Von 28 Tabellenführern zum jetzigen Zeitpunkt sind seit der Saison 95/96 satte 26 am Saisonende auch aufgestiegen (= mindestens auf Platz zwei gelandet). Einzig Energie Cottbus (03/04) und die SpVgg Greuther Fürth (98/99) schafften es nicht. Fürth brach sogar noch völlig ein, holte nur magere vier Punkte aus den letzten elf Saisonspielen und landete am Ende auf dem achten Tabellenplatz.

Vier Punkte würden im Fall des FCSP dann 52 Punkte in der Endabrechnung bedeuten. Das reicht ziemlich sicher nicht zum Aufstieg. Aber was reicht denn? In den letzten 28 Jahren reichten 67 Punkte immer sicher zum Aufstieg. Zweimal hatte das drittplatzierte Team 66 Punkte gesammelt, mehrfach 65 Punkte. Der FC St. Pauli muss also noch mindestens 19 Punkte aus den kommenden elf Partien holen. Ist das realistisch?

Was für ne Frage…?! Für ein Team, welches aktuell rund 2,1 Punkte pro Partie holt, sollten etwas mehr als 1,7 Punkte pro Partie kein Problem sein, oder? Zumal die aktuelle Tabellensituation darauf hindeutet, dass am Saisonende auch deutlich weniger als 67 Punkte zum direkten Aufstieg reichen könnten. Der Blick in diese Zahlen zeigt also eindeutig: Der FC St. Pauli ist aufstiegsreif.

Artikelbild:Aufstiegsreif?

Auch gegen Holstein Kiel ragte Philipp Treu beim FC St. Pauli mit einer enorm lauf- und vor allem sprintstarken Leistung heraus.

(c) Peter Boehmer

Defensive zuletzt wankelmütig

Wie oft die nach 23 Spieltagen auf Rang zwei platzierten Teams am Ende aufgestiegen sind, habe ich nicht nachgeschaut. Aber am vergangenen Freitag hat Holstein Kiel, auch wenn sie verloren haben, klar aufgezeigt, dass auch sie ein dickes Wörtchen im Aufstiegskampf mitreden werden. Hauke Wahl sagte nach der Partie auf die Frage, ob die Störche der stärkste Gegner der bisherigen Saison waren: „Ja, in der zweiten Hälfte vor allem. Sie haben uns vor extrem viele Probleme gestellt und haben immer wieder Lösungen gefunden.“

Nun gibt es ja meist immer zwei Seiten der Medaille bei der Bewertung von Leistungen im Fußball. Spielt eines der Teams super Fußball, dann lassen sich bei den Gegnern Fehler finden. Denn Fußball ist in den meisten Fällen ein Fehlersport. Und ganz sicher dürfte das, was Fabian Hürzeler in der zweiten Halbzeit in Kiel gesehen hat, alles andere als zufriedenstellend gewesen sein. Er erklärte: „Wir haben die defensive Stabilität in gewissen Phasen missen lassen.“

Probleme in gewissen Spielphasen hatte der FC St. Pauli auch schon in den Spielen zuvor. Eigentlich standen alle Spiele seit Beginn der Rückrunde eher Spitz auf Knopf, als dass man auch anhand der Torchancen einen klaren Sieger hätte prognostizieren können. Das ist vielleicht ein gewisser Ausgleich für die vielen Spiele in der Hinrunde, in denen der FCSP zwar das klar bessere Team gewesen ist, diese aber nicht gewinnen konnte. Sicher ist jedenfalls, dass es für den Aufstieg noch viel zu tun gibt. Das sieht auch Hürzeler so: „Wir haben genug Arbeit. Wir werden uns dransetzen und analysieren, was gut und was wir schlecht gemacht haben. Es gibt immer noch Potenziale. Wir haben genug zu tun.“Die aktuellen Ergebnisse des FC St. Pauli sind sicher aufstiegsreif. Die Leistungen vielleicht nicht unbedingt.

Afolayan ragt heraus? Zumindest offensiv

Und das obwohl einige Spieler immer besser werden. Dapo Afolayan (zwei Treffer) und Connor Metcalfe (ein Treffer, eine Vorlage) waren offensiv überragend. Für Afolayan war es der erste Doppelpack in der zweiten Bundesliga. Sein bestes Spiel also für den FCSP? Da mahnte Fabian Hürzeler die umstehenden Medienvertreter*innen nach dem Kiel-Spiel: „Schreibt das lieber nicht“ und erklärte: „Bei Dapo zeigt die Entwicklung in den letzten Wochen in die richtige Richtung. Ich finde aber, man sollte die Spieler nicht nur anhand von Toren bewerten. Mir ist viel wichtiger, wie man gegen den Ball arbeitet. Und da gab es Phasen, in denen es Larifari war, in denen nicht mehr hundertprozentig angelaufen wurde.“ Diesen Schuh des mangelhaften Anlauf- und Zweikampfverhaltens müssen sich aber nahezu alle FCSP-Spieler anziehen, die im zweiten Abschnitt gegen Kiel auf dem Platz standen.

Auf der anderen Seite müssen wir uns natürlich die Leistungen von Nikola Vasilj genauer anschauen. „Aus dem Spiel heraus habe ich gedacht, dass er den Ball halten kann,“ erklärte Fabian Hürzeler zur Situation, die zum 1:3 aus FCSP-Sicht führte. Auch das Gegentor in Magdeburg geht klar auf die Kappe des 28-jährigen Torhüters. Allerdings wird bei dieser Diskussion nicht beachtet, wie oft Vasilj seine Farben in dieser Saison schon vor Gegentoren bewahrte und welchen Wert er für das Aufbauspiel und allgemein für die defensive Organisation des Teams hat.

Individuelle Qualität ist aufstiegsreif

Zur Erinnerung: Nikola Vasilj wird weiterhin von der Spieldaten-Plattform Wyscout als der beste Torwart der 2. Bundesliga gelistet. So wie Eric Smith unter allen Innenverteidigern und Marcel Hartel im zentralen Mittelfeld. Bei FotMob finden sich gleich neun FCSP-Spieler unter den besten 50 Spielern der Liga (Marcel Hartel führt die Liste an, unter anderem dicht gefolgt von Jackson Irvine). Einen wirklichen Einbruch in den Bewertungen konnte man mit Start der Rückrunde nicht ausmachen. Der FC St. Pauli ist also auch individuell aufstiegsreif.

Womit Fabian Hürzeler sicher zufrieden sein dürfte, ist der Einsatz seiner Spieler. In Kiel spulte das Team zusammen fast 133 Kilometer ab! Das bedeutet, nach dem Laufrekord des FC St. Pauli bei der Partie in Düsseldorf (134 km), Platz zwei in der ewigen Lauftabelle der zweiten Bundesliga. Das zeigt, auch wenn es spielerisch vielleicht nicht mehr ganz so einfach geht, wie noch vor ein paar Monaten: Gemessen am Einsatz ist der FCSP reif für den Aufstieg. Natürlich hängt die Laufleistung aber auch direkt mit den Spielverläufen zusammen. Gegen den Ball wird üblicherweise mehr gelaufen als mit Ball.

Statistiken zeigen Probleme in der Rückrunde

Statistisch lassen sich aber doch schon ein paar Unterschiede zur Hinrunde erkennen. Der FC St. Pauli scheint sein dominantes Spiel nicht mehr ganz so problemlos durchziehen zu können. In der Hälfte der Rückrundenpartien hatte man weniger Ballbesitz als der Gegner. Auch ganz vorne tut sich das Team schwerer: In der Hinrunde gab es pro Spiel noch rund sieben erfolgreiche Pässe und Flanken nahe am gegnerischen Tor. In der Rückrunde liegt dieser Wert bei vier. Das hängt sicher auch mit dem individuellen Zweikampfverhalten zusammen: In fünf von sechs Rückrundenspielen lag die Quote der Offensivzweikämpfe unter dem Durchschnittswert der bisherigen Saison.

Aber nicht nur die Zweikämpfe, sondern auch die Passgenauigkeit nach vorne, gemessen als progressive Pässe, hat nachgelassen: Nach der Hinrunde lag dieser Wert bei fast 80 Prozent. In der Rückrunde kam man nie an diesen Wert heran, die Quote lag sogar dreimal bei unter 70 Prozent. Die Gründe für das Nachlassen bei Zweikämpfen und Pässen müssen dringend ermittelt werden. Anders als die Ergebnisse sind sie ein früher Indikator dafür, dass es noch einige Luft nach oben gibt, um Aufstiegsreife zu erlangen.

Anpassungen notwendig

Nein, ein richtiger Einbruch ist vom FC St. Pauli nicht zu erwarten. Das Team ist zu stabil, zu wenig abhängig von einzelnen Spielern, als dass dieses Gebilde zusammenfallen könnte. Aber es muss wieder gelingen, so dominant aufzutreten, wie noch in der Hinrunde. Spätestens das Spiel gegen Kiel hat vielleicht nicht gezeigt, dass andere Teams Lösungen haben, wie man die Offensive des FCSP stoppen kann (das zeigte Braunschweig). Die Kieler waren aber das erste Team, welches die Defensive des FCSP ganz arg vor Probleme stellte. Damit das zukünftig wieder anders aussehen kann, müssen sicher auch im taktischen Bereich kleinere, vielleicht sogar größere Veränderungen vorgenommen werden. Gelingt das, dann wird aus der Aufstiegsreife ganz sicher auch ein Aufstieg.

// Tim

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