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Moritz Oppermann·24. August 2024

Auffangbecken für Gestrandete: Buli-Klub baut sich seine Profis selbst

Artikelbild:Auffangbecken für Gestrandete: Buli-Klub baut sich seine Profis selbst

Ein Zuschauerschnitt von 3.629 Fans pro Heimspiel, Auswärtspartien bei Oberneuland, Goslar oder der Zweitvertretung des Hamburger SV – es ist erst knapp zehn Jahre her, da kickte Holstein noch in der Regionalliga Nord. An das Wort Bundesliga dachte im hohen Norden damals keiner. Und doch ist es im Jahr 2024 so weit: Holstein Kiel wird heute Nachmittag gegen die TSG Hoffenheim (15:30 Uhr) erstmals im deutschen Fußball-Oberhaus auflaufen. Möglich wurde das nicht etwa durch einen großen Investoren-Einstieg oder eine Goldmine am Kieler Hafen. Im Gegenteil: Beim KSV muss jeder Groschen noch zweimal umgedreht werden. Dennoch sind die Störche durch ihr ganz persönliches Konzept erfogreicher denn je. Sie bauen sich ihre Bundesliga-Profis selbst.

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Als Lewis Holtby im August 2021 von den Blackburn Rovers zu Holstein Kiel wechselte, wusste keiner so richtig, wo das hinführen sollte. Ein alternder Mittelfeldspieler, der zweifelsohne fantastische Anlagen mitbrachte, sich jedoch im Laufe seiner Karriere den Erwartungen oft nicht gerecht wurde. Kann das gut gehen? Es kann. Besonders in der vergangenen Saison war der Ex-Hamburger einer der größten Leistungsträger des KSV – mit 15 Scorerpunkten spielte der 33-Jährige im fortgeschrittenen Fußballeralter seine womöglich beste Zweitligasaison der gesamten Karriere. Holtby ist bei den Nordlicht jedoch keineswegs ein Zufallstreffer.


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Kiel setzt seit Jahren auf gestrandete Profis, die sich im Schatten des Fußballrampenlichts eine zweite Chance erhoffen. So auch Jan-Fiete Arp, der einst als neues deutsches Sturmwunder zum großen FC Bayern München wechselte und krachend scheiterte. Als er 2021 schließlich von der Bayern-Reserve zu Holstein kam, glaubten wie bei Holtby die wenigsten an ihn. Doch auch hier sollte sich der Transfer spätestens in der abgelaufenen Spielzeit bezahlt machen. Arp, zwischenzeitlich durch eine Verletzung ausgebremst, avancierte mehr und mehr zum Stammspieler. In 17 Spielen steuerte der Stürmer immerhin sieben Scorerpunkte bei – die meisten in seine  Zeit bei Kiel. Apropos bezahlt machen:

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Sowohl Holtby als auch Arp verpflichtete Holstein ablösefrei. Ein Konzept, auf das der Bundesliga-Aufsteiger aufgrund der im Vergleich zu den anderen Bundesliga-Klubs klammen Kasse angewiesen ist. „Wir können nun mal keine fertigen Bundesliga-Spieler holen, dazu fehlt das Geld“, erklärte Trainer Marcel Rapp jüngst gegenüber der ’11Freunde‘. Das entscheidende Puzzelteil um die Kicker letztlich zu fertigen Buli-Spielern zu machen, ist die Geduld. Im hohen Norden bekommen die Profis zum Teil mehrere Jahre Zeit, um ihr Niveau endgültig entfalten zu können oder zu alter Stärke zurückzufinden. Bis Arp, aber vor allem Holtby, wieder auf deutlich höherem Niveau agierten, dauerte es fast zwei Spielzeiten. Umso besser, dass derweil immer weitere gestrandete Profis im Kieler Auffangbecken landeten.

Zwei weitere Beispiele gefällig? Timo Becker und Steven Skrzybski. Die beiden Schalke-Profis fanden bei den Königsblauen keine Beachtung mehr, kamen für zusammengenommen 250.000 Euro nach Schleswig-Holstein und entwickelten sich unter Rapp – der nicht umsonst den Beinamen „Spielerentwickler“ trägt – zu echten Leistungsträgern. Auch hier bewiesen die Störche erneut Geduld. Während andere Vereine Skrzybski nach einer mäßigen Auftaktsaison wahrscheinlich wieder verkauft hätten, blieben die Nordlichter und ihr Trainer gelassen. Es sollte sich bezahlt machen, in den vergangenen beiden Spielzeiten traf der Angreifer jeweils zweistellig und avancierte zu einem der besten Zweitligastürmer. Der Coach übrigens passt nicht nur wegen seiner hervorragenden Qualität, Profis auf ein neues Level zu heben, so gut ins Kieler Konzept.

Bevor der einstige Jugendtrainer der TSG Hoffenheim am 4. Oktober 2021 bei Kiel anheuerte, hatte er noch nie eine Profimannschaft im Seniorenbereich trainiert. Perfekt für die Holsteiner, die einem unerfahrenen Trainer mit hervorragender Ausbildung keine Millionen zahlen mussten und letztlich dennoch mit dem Bundesligaaufstieg belohnt wurden. Angekommen im deutschen Fußballoberhaus bleibt die Frage: Zieht der KSV sein Konzept weiter fort?

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Na logo. Die bisherige Transferbilanz im Sommer: sieben Neuzugänge, die zusammen lediglich 3,2 Millionen Euro kosteten. Um für die Bundesliga gewappnet zu sein, bediente sich der KSV „sogar“ in Liga 4. Vom Regionalligisten Homburg kam der 22-jährige Stürmer Phil Harres – der sich nun anstelle von Gütersloh mit dem FC Bayern München messen darf. Wenig verwunderlich, dass die Nordlichter trotz der „krassen“ Transferausgaben den günstigsten Kaderwert der Liga haben: 32,35 Millionen Euro. Ob das gut geht? Kapitän Holtby zeigte sich gegenüber der ‚SportBild‘ zuversichtlich:

„Vor einem Jahr meinten viele: Die Heidenheimer holen keine 20 Punkte. Aber sie haben überrascht mit ihrer mannschaftlichen Geschlossenheit, jetzt spielen sie um die Qualifikation zur Conference League. An Heidenheim kann man sich sicherlich ein Beispiel nehmen“. Na dann dürfte das Ziel für die neue Saison ja auch klar sein.