Auf und ab und doch ganz oben: Dieser DFB-Star steht vor seinem Höhepunkt | OneFootball

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Selina Eckstein·25. Juni 2022

Auf und ab und doch ganz oben: Dieser DFB-Star steht vor seinem Höhepunkt

Artikelbild:Auf und ab und doch ganz oben: Dieser DFB-Star steht vor seinem Höhepunkt

„Bei mir weiß man nie, was man zu erwarten hat“, so stellte sich Antonio Rüdiger bei Real Madrid in dieser Woche vor. Diesen Satz könnte man genau so als Überschrift für seine Karriere nehmen.

Während seiner Vorstellung in Spanien bezog er diese Aussage eher auf sein Verhalten innerhalb der Mannschaft: „Ich mag es sehr, zu reden, zu lachen, zu tanzen. Auf dem Platz bin ich aber sehr ernst, da will ich keine Späße machen.“


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Auf dem Feld bekommen die Gegner zu spüren, dass mit dem heute 29-Jährigen nicht gut Kirschen essen ist. Wie zum Beispiel Luis Suárez im Champions-League-Achtelfinale 2021 zwischen Atlético und Chelsea. Nach einem Zweikampf fauchte der Londoner seinen Kontrahenten an, griff ihm leicht an den Hals und schubste ihn. Was zunächst nicht ersichtlich war, Suárez hatte den Abwehrchef zuvor in den Oberschenkel gekniffen.

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Dass der heutige Nationalspieler sowohl im Spiel als auch im Training nicht immer zu bremsen ist, kristallisierte sich früh heraus. „Er benötigt eine feste Bezugsperson, die ihn führt“, stellte sein damaliger U18-Nationalcoach Horst Hrubesch einst fest. Bruno Labbadia gab Rüdiger während seiner Stuttgarter Zeit mit auf den Weg, dass er mehr Geduld haben müsse. Diese Suche nach Vertrauen, diese Ungeduld ziehen sich durch seine gesamte Karriere.

Der 1,90 Meter großen Abwehrspieler gab sich nur selten mit seiner Situation zufrieden. Er wollte mehr. Höher, schneller, weiter. 2010 hatte der BVB ihn fest für die U19 eingeplant, in Stuttgart räumte man ihm Chancen auf die 3. Liga ein. Es folgte der Wechsel.

Beim VfB II wurde er in der Saison 2011/12 bereits am dritten Spieltag in Regensburg (0:2) nach 45 Minuten ausgewechselt. „Trainer Jürgen Kramny hat meinen Spielaufbau kritisiert“, erinnerte sich Rüdiger damals im Interview mit ‚dfb.de‘ zurück. Eine vielleicht wichtige Ansage, aber auch eine, die danach zu einem Knick führte.

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„Ich habe mir die Kritik zu Herzen genommen, war danach im Training aber nicht voll bei der Sache“, gab sich der Verteidiger damals selbstkritisch. Zwei Monate lang wurde der Nachwuchsspieler in der Folge nicht berücksichtigt. Die von Labbadia angesprochene benötigte Führung bekam er von Hrubesch sowie einem Mentaltrainer. Sie halfen ihm, aus seinem Tief heraus zu kommen. Es gelang der Sprung in die Bundesliga-Mannschaft.

Die Schwaben befanden sich zwei Spielzeiten hintereinander im Abstiegskampf. Aber Rüdiger wollte mehr: Champions League statt nacktes Überleben in der Bundesliga. Deshalb drängte er auf einen Wechsel ins Ausland.

Er ging zur Roma, lernte das italienische Verteidigen, wurde reifer und zum Leistungsträger. Als sich dort herauskristallisierte, dass er mit dem Klub wohl nicht in absehbarer Zeit die Champions League gewinnen wird, ging es weiter nach London zum FC Chelsea. Höher, schneller, weiter.

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Aufgrund einer Verletzung verpasste der Nachfolger von Hummels und Boateng die EM 2016. Beim Vorrunden-Aus bei der WM 2018 machte er mit Negativ-Schlagzeilen auf sich aufmerksam. Wie die ‚Sport Bild‘ damals berichtete, soll der Londoner mit einer Shisha ins Teamquartier nach Watutinki gereist sein. Er selbst nahm dazu keine Stellung. Es passte aber ins öffentliche Bild einer Mannschaft, die das Turnier nicht ernst nahm, eines Spielers, der auch mal eine klare Ansage braucht und eines Bundestrainers, der gegen Ende seiner Amtszeit die Zügel schleifen ließ.

Bei Chelsea war Rüdiger zu dieser Zeit gesetzt. Doch die Verbindung zwischen Verein und Spieler passte nicht immer. Unter Frank Lampard saß der Rechtsfuß auf der Bank – oder manchmal sogar auf der Tribüne. Zweifel statt Vertrauen, Nichtbeachtung statt Führung.

Ein Verkauf stand im Raum, doch Thomas Tuchel zeigte, welch Potenzial in der Chelsea-Mannschaft steckt, wenn man den richtigen Spielern vertraut und ihnen klare Anweisungen gibt. Auf und neben dem Platz. Sinnbild dieser Entwicklung? Antonio Rüdiger. Er selbst werde Tuchel „immer dankbar sein, weil er mir eine Chance gegeben hat, als ich schon weg vom Fenster war.“

Die Klubbosse zweifelten aber weiter, zögerten mit der Vertragsverlängerung, vertrauten ihm immer noch nicht ganz. Rüdiger kritisierte in einem offenen Brief an die Fans die Kommunikation rund um seine Vertragsverhandlungen: „Geschäft ist Geschäft, aber wenn man von August bis Januar nichts mehr vom Verein hört, wird die Situation kompliziert. Man kann nicht über Monate mit so viel Ungewissheit bezüglich der eigenen Zukunft warten.“

Andere Vereine zögerten nicht so lange, als er auf den Markt kam. Barcelona und Real lieferten sich ein Transfer-Duell, wie der Nationalspieler während seiner Vorstellung bei Real Madrid am Montag öffentlich bestätigte. „Aber ich sagte meinem Bruder: Real oder nichts.“ Höher und weiter als der Königsklassen-Seriensieger geht es eben auch nicht.

Bis zur Vertragsunterschrift soll ein Telefonat mit Carlo Ancelotti entscheidend gewesen sein. Das überrascht nicht. Ancelotti gilt als überragender Trainer in Sachen Menschenführung, wie zahlreiche seiner Ex-Spieler bestätigen. Oder wie David Alaba es Ende Mai gegenüber ‚Sport 1‘ ausdrückte: „Er ist eine Vaterfigur für uns. Ein Freund. Er ist sehr umgänglich. Er weiß, wie man mit Spielern umgeht.“ Er könnte somit zu einer weiteren Bezugsperson für Rüdiger werden.

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Bei den Königlichen grätscht der Innenverteidiger nun mit seiner aggressiven Spielweise in die Fußstapfen von Ramos und Pepe. Beide waren von einem ähnlichen Kaliber und solche Typen sind bei den Madrilenen gern gesehen. Aber auch nur, solange sie konstant Leistungen bringen. Sonst wird die Liebe ganz schnell entzogen. Rüdiger wird also abliefern müssen. Mehr Druck geht nicht. Er ist auf dem absoluten Höhepunkt angekommen.

Ob es für den Nationalspieler reichen wird, wird man sehen. Schließlich weiß man bei ihm nie, „was man zu erwarten hat.“