„Aktuell ist es gegen den FCB wohl so schwer wie selten zuvor“ – Manu Thiele im Gegnerinterview | OneFootball

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·24. September 2020

„Aktuell ist es gegen den FCB wohl so schwer wie selten zuvor“ – Manu Thiele im Gegnerinterview

Artikelbild:„Aktuell ist es gegen den FCB wohl so schwer wie selten zuvor“ – Manu Thiele im Gegnerinterview

Nach einem zittrigen 3:2-Sieg in Köln zum Liga-Auftakt, steht für die TSG bereits am zweiten Spieltag der Saison eine echte Herkules-Aufgabe an: Der FC Bayern kommt nach Sinsheim! Vor dem Spiel gegen den Rekordmeister stand uns Manu Thiele (Twitter: @ManuThiele) Rede und Antwort. Er ist Journalist für Videoproduktionen und führt einen eigenen YouTube-Kanal. Der Bayernfan sprach mit uns über Münchner Kadersorgen, einen vollen Terminkalender und was er Hoffenheim-Trainer Sebastian Hoeneß in der Bundesliga zutraut. Zudem erzählte er von seiner persönlichen Meinung zur TSG und was er am Sonntag für ein Spiel erwartet.

Hoffenews: Manu, der FCB hat eine grandiose Saison hinter sich. Hansi Flick hat es geschafft die Bayern wieder zum Triple-Sieger zu formen. Was unterscheidet den Ex-Hoffenheimer von seinen Vorgängern?


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Manu Thiele: Zwei Faktoren spielen da eine wichtige Rolle. a) Die Empathie. Flick gibt jedem Spieler das Gefühl wichtig zu sein, egal ob Stamm- oder Ersatzspieler. So hat er sehr schnell Ruhe in die Kabine gebracht, meckernde Reservisten gibt es in München nicht. Und b) Die Taktik. Das aggressive Angriffspressing passt zum Kader. Thomas Müller hat mal passend gesagt, dass er es mag, sofort den Gegner attackieren zu dürfen und eben nicht nur „nach hinten“ verteidigen zu müssen. Hansi Flick hat verstanden, wie der FC Bayern bzw. die Spieler ticken. Wichtig ist jedoch auch zu sagen: Von seiner Art ähnelt Flick sehr dem letzten Triple-Trainer, Jupp Heynckes.

Hoffenews: Rein personell hat sich bei den Bayern im Sommer recht viel getan. Gekommen sind Stand jetzt Torhüter Nübel, Shootingstar Sané und das Verteidiger-Talent Nianzou. Die Leihgaben Perisic, Odriozola sowie Coutinho sind zu ihren Clubs zurückgekehrt und Thiago hat den FCB für 25 Millionen Euro in Richtung Liverpool verlassen. Der Kader hat natürlich weiterhin höchste Qualität, doch wieviel können diese Abgänge ausmachen?

Manu Thiele: Die Breite des Kaders wird durch die Abgänge geschwächt. Die Bundesliga-Saison ist nur 247 Tage lang, so kurz wie noch nie zuvor. Den FC Bayern erwarten reihenweise englische Wochen, Rotation ist wichtig. Spieler wie Ivan Perisic oder Philippe Coutinho konnte man jederzeit einwechseln, sie brachten Qualität auf den Platz. Das fehlt jetzt! Der Abgang von Thiago reißt ein noch größeres Loch in den Kader. Die Leichtigkeit am Ball, die gute Technik, die Übersicht. So verzauberte er die Bayern-Fans. Außerdem ist er über die Jahre immer robuster in den Zweikämpfen geworden: 57,8 % der Duelle gewann er letzte Bundesliga-Saison, kein anderer FCB-Mittelfeldspieler hatte einen besseren Wert. Die Zugänge wiederum sind, abseits von Leroy Sané, eher Perspektivspieler. In der Breite ist der Kader dementsprechend aktuell schwächer als letzte Saison besetzt.

Hoffenews: Befürchtest du noch weitere Abgänge von verdienten Spielern wie beispielsweise David Alaba oder Javi Martinez? Derartige Gerüchte kursieren ja seit Monaten in den Medien.

Manu Thiele: Weitere Abgänge würden natürlich weh tun. Die Saison ist bereits gestartet, zu dem Zeitpunkt sollte der Kader bereits stehen. David Alaba hat dank seiner Vielseitigkeit als Links- und Innenverteidiger ein Ass im Ärmel, so gut wie jeder Top-Klub in Europa kann seine Qualitäten gebrauchen. Der FC Bayern muss tief in die Tasche greifen, um ihn 2021 nicht ablösefrei zu verlieren. Einen Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt halte ich für nicht realistisch, da nicht mehr rechtzeitig ein Ersatz verpflichtet werden könnte. Javi Martinez wiederum ist nicht mehr der Fix-Punkt im Bayern-Spiel. Ihm wird man wohl keine Steine in den Weg legen, ein Transfer ist gut möglich.

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Hoffenews: Der feste Kader der Münchner besteht aktuell aus nur 23 Spielern inklusive der vier Torhüter. Sind bislang erhebliche Verstärkungen ausgeblieben und würdest du dir noch weitere Zugänge wünschen?

Manu Thiele: Natürlich sollte der Kader in der Breite verstärkt werden. Auf meiner persönlichen Wunschliste steht ein Rechtsverteidiger, ein Spieler für das zentrale Mittelfeld und ein weiterer Flügelspieler. Das Transferfenster ist nur noch ca. anderthalb Wochen geöffnet, viel Zeit für neue Verpflichtungen bleibt also nicht. Deshalb gehe ich nicht davon aus, dass auf jeder dieser Positionen nachgebessert wird.

Hoffenews: Nach einem überzeugenden 8:0-Auftaktsieg gegen den FC Schalke 04 könnte man meinen, die verkürzte Vorbereitung hätte den Bayern kaum geschadet. Könnten die vielen englischen Wochen dem Team dennoch zum Verhängnis werden?

Manu Thiele: Den Auftakt gegen Schalke 04 würde ich nicht als Gradmesser nehmen. Die Offensive wirkte zwar wie eine Dampflock, die nicht zu stoppen war. Jedoch lag das auch an den vielen Fehlern der S04-Defensive. Für eine seriöse Bewertung der Leistung ist es aktuell noch zu früh. Die Belastung wird wegen den englischen Wochen hart, das könnte die Chance für die Talente sein. Joshua Zirkzee als Backup-Stürmer hat bereits vier Tore für die Profis erzielt, in Hoffenheim feierte er ja sogar letzte Saison sein Startelf-Debüt, Jamal Musiala ist der jüngste BL-Torschütze der Bayern-Geschichte. Gespannt bin ich darauf, wie sich Adrian Fein schlägt. Er ist ein gebürtiger Münchner, der im zentralen Mittelfeld zu Hause ist. Ein Auge sollten wir auf Chris Richards haben, der US-Amerikaner ist ein Defensiv-Allrounder. Auf den FC Bayern wartet wirklich ne sehr spannende Saison!

Hoffenews: Kommen wir zum Duell vom kommenden Sonntag: Hoffenheim ist in vielen Fanlagern nicht besonders beliebt. Du hast schon oft betont, die gute Arbeit des Vereins zu schätzen. Konkret gefragt: Was hältst du von der TSG?

Manu Thiele: Was mir imponiert ist die Denkweise im Verein. Man versucht der Zeit voraus zu sein, mit modernen Methoden die Spieler zu trainieren bzw. besser zu machen. Anfang des Jahres sah ich mir das Trainingszentrum an, ein Video dazu gibt’s auf YouTube zu sehen. An vielen Details wird dort gearbeitet.

Hoffenews: Der ehemalige Trainer der zweiten Mannschaft des FCB – Sebastian Hoeneß – steht seit diesem Jahr für die TSG an der Seitenlinie. Hast du in jüngster Vergangenheit auch Bayerns Amateure verfolgt und was traust du ihm in der Bundesliga zu?

Manu Thiele: Ja, ich traue ihm den Sprung in die Bundesliga zu. Wegen der hohen Belastung in dieser Saison drohen Verletzungen bei Spielern. Bei den FCB-Amateuren hat er bewiesen, dass er Lösungen findet, Spieler (fast) gleichwertig zu ersetzen. Insgesamt 34 Spieler setzte Hoeneß letzte Saison ein. Dank seiner Erfahrung in den Jugend-Akademien von RB Leipzig und dem FC Bayern weiß er zudem, wie man mit Talenten umgeht. Leute wie Christoph Baumgartner, Maxi Beier oder auch Dennis Geiger können davon profitieren. Klar, er wird Fehler machen. Wichtig ist jedoch ihm Zeit zu geben, dann kann sich das Vertrauen auszahlen.

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Hoffenews: Letzte Saison gelang den Kraichgauern einerseits die Sensation in München (2:1), andererseits musste man das 0:6-Debakel zu Hause ertragen. Wie konnten Hin- und Rückspiel derart verschieden sein?

Manu Thiele: Aus Sicht des FC Bayern war der größte Unterschied… natürlich… der Trainer. Beim ersten Duell stand Niko Kovac an der Seitenlinie. Die Kreativität fehlte in der Offensive, 25 Minuten brauchte der FC Bayern für die ersten beiden Torschüsse… so lange wie davor in der Kovac-Zeit noch nie. Dazu hatte die TSG Spielglück: Bei den beiden Toren wurde jeweils Jerome Boateng getunnelt. Im Rückspiel wiederum saß Hansi Flick auf der Bank. Mit seinem Spielstil taten sich die Spieler leichter vors Tor zu kommen, nach einer Viertelstunde stand es schon 3:0. Ich finde, die beiden Spiele zeigen auch, wie sich der FC Bayern im Laufe der Saison verändert hat.

Hoffenews: Was erwartest du am Sonntag für ein Spiel?

Manu Thiele: Der FC Bayern wird die Rolle des Favoriten einnehmen. Viel Ballbesitz, eine drückende Überlegenheit. So früh in der Saison sind alle Leistungsträger top-fit, mit Vollgas kann 90 Minuten gespielt werden. Aktuell ist es wohl so schwer wie selten zuvor gegen die Bayern bestehen zu können. So bleibt der TSG nur die Rolle des Underdogs, der mit einem schnellen Umschaltspiel Nadelstiche setzen kann. Gefahr wird vor allem von Andrej Kramaric ausgestrahlt, sieben Tore erzielte er in den letzten beiden Bundesliga-Spielen… ein Rekord!

Hoffenews: Und wie geht es aus?

Manu Thiele: Der FC Bayern gewinnt 3:1. Sorry, liebe TSG-Fans. 😉

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