Akpoguma: „Wir müssen Feuer reinbekommen“ | OneFootball

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·28. Dezember 2024

Akpoguma: „Wir müssen Feuer reinbekommen“

Artikelbild:Akpoguma: „Wir müssen Feuer reinbekommen“

Kevin Akpoguma steht seit mehr als zehn Jahren bei der TSG Hoffenheim unter Vertrag und hat in dieser Zeit viele wichtige Erfahrungen gesammelt. Mit der TSG hat er international gespielt, die besonderen Anforderungen des Abstiegskampfes erlebt und ist zum Führungsspieler gereift: Der 29-Jährige ist in dieser Saison wohl so wichtig wie selten zuvor. Auch bei der TSG hat sich seit der Ankunft des Deutsch-Nigerianers vieles verändert. Im SPIELFELD-Interview spricht der Verteidiger über die Entwicklung des Klubs, seine Erfahrungen mit Trainerwechseln und seine veränderte Rolle im Team.

Akpo, Du bist schon lange im Fußballgeschäft dabei und hast schon einige Trainerwechsel erlebt. Was macht das mit einem Spieler?


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„Das ist von Person zu Person unterschiedlich. Man hat auch zu manchen Trainern eine engere Bindung als zu anderen, das ist wie im echten Leben. Im Büro versteht man sich auch nicht mit allen Kollegen gleich gut. Man muss Fußball als Geschäft sehen. Wir sind Profis und müssen unseren Job erledigen – egal, wer der Trainer ist. Nach einem Trainerwechsel geht es darum, dass wir als Team die neuen Dinge schnell adaptieren, die Vergangenheit ruhen lassen und unser gesamter Fokus auf der Gegenwart liegt.“

Ist es nach all den Jahren schon gewohnt für Dich oder ist ein Trainerwechsel immer noch etwas Besonderes?

„Am Ende ist es wohl ‚business as usual‘. Ich würde mich selbst als eine empathische Person beschreiben, aber im Fußballgeschäft ist das leider so. Man darf der Vergangenheit nicht hinterhertrauern, sonst bleibt man auf der Strecke. Ich bin Vertragsspieler der TSG Hoffenheim und wenn es Veränderungen gibt, muss ich die annehmen und das Beste daraus machen. So ein Wechsel kann auch eine Chance sein. Am Ende wollen wir alle erfolgreich sein.“

Ist dieser Gedanke bei Dir im Laufe der Karriere gereift oder hast Du es schon immer so professionell gesehen?

„Ich hatte meine ersten wirklichen Trainerwechsel während der Leihe bei Fortuna Düsseldorf (2015 bis 2017, Anm. d. Red.). Da gab es gleich zwei innerhalb einer Saison – einmal positiv und einmal negativ für mich. Ich hatte trotzdem nie das Gefühl: ‚Was mache ich jetzt, ich bin verloren.‘ Und natürlich wird man mit der Erfahrung reifer und professioneller. Es gibt einen neuen Leader, der neue Impulse setzen will. Und danach richtest du dich. Wir sind Profis und verdienen sehr viel Geld in unserem Job. Dafür geraten persönliche Themen auch mal in den Hintergrund. Stattdessen wollen wir mit unserer Leistung unseren Erwartungen und denen der Fans gerecht werden.“

Ein neuer Trainer bringt vor allem für die Spieler, die vorher weniger zum Einsatz kamen, neue Chancen...

„Auf jeden Fall. Aber man braucht ein großes Vertrauen in sich selbst. Wenn du im Training die Leistung bringst, dann wird es Gelegenheiten geben. Die musst du dann eben nutzen. Der Trainer bekommt 30 neue Spieler zu sehen und kennt davon nur wenige persönlich. Er muss sich in kürzester Zeit ein Bild machen. Fußball ist ein Ergebnissport und der Trainer entscheidet am Ende nach Leistung. Man selbst kann nur versuchen, das Maximum aus sich herauszuholen.“

Wie würdest Du Christian Ilzer als Trainertypen bezeichnen?

„Chris ist sehr analytisch und beobachtet viel im Training. Während der Einheiten ist er eher zurückhaltend und die Co-Trainer übernehmen mehr als in der Vergangenheit. Seine Ansprachen sind sehr motivierend, aber gleichzeitig auch klar. Da geht es nicht nur um den Aspekt Motivation, sondern auch stark um fußballspezifische und taktische Dinge. Er findet eine gute Balance. Chris ist sehr klar in seiner Philosophie und hat einen sehr angenehmen Ton.“

Bist Du am ersten Tag des neuen Trainers nervös, weil Du nicht weißt, was auf Dich zukommt?

„Das hat sich gelegt, dafür habe ich wohl schon zu viel mitgemacht. (lacht) Jeder Trainer hat eigene Vorstellungen und natürlich verändert sich unser Alltag. Aber man kommt schnell in den neuen Rhythmus. Am Ende sitzen wir alle in einem Boot und wollen mit der TSG Hoffenheim erfolgreich sein.“

Du stehst bei der TSG schon seit 2013 unter Vertrag. So schnell bringt Dich wohl nichts mehr aus der Fassung…

„Ich bin mit meiner Karriere gewachsen. Ich werde im nächsten Jahr 30, so langsam gehe ich auf den Herbst meiner Laufbahn zu. Mein Körper fühlt sich wunderbar an, aber irgendwann komme ich vielleicht in ein Alter, in dem der Verein lieber auf junge Spieler setzt. Das ist die Philosophie des Klubs und der TSG-Weg. Diesen Weg bin ich selbst gegangen. Ich war vielleicht nie ein Top-Talent wie Niklas Süle, Joelinton oder Christoph Baumgartner, die für viel Geld verkauft wurden, aber ich habe meine Leistung gebracht. Und so lange der Verein diesen Weg mit mir gehen will, werde ich auch weiterhin einhundert Prozent für die TSG geben.“

Nur wenige Spieler aus dem Kader kennen die TSG so gut wie Du. Wie hat sich der Klub in den vergangenen Jahren entwickelt?

„Die TSG wurde enorm von Julian Nagelsmann geprägt. Er hat diesen Verein als Trainer auf ein neues Level gehoben. Unter ihm haben wir uns erstmals für den Europapokal qualifiziert, haben die besten Platzierungen der Vereinsgeschichte erreicht und mit der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, auch bundesweit Fans begeistert. Für die TSG war und ist es kein Alltag, dass wir international spielen. Durch die Nagelsmann-Jahre wurde der Maßstab aber nach oben gerückt, wir dürfen uns höhere Ziele setzen und sind ehrgeiziger geworden. Dennoch dürfen wir aber nie vergessen, wo wir herkommen. Unser wichtigstes Merkmal ist und bleibt die Akademie. Das macht die TSG Hoffenheim aus. Auch im aktuellen Kader gibt es wieder zahlreiche Beispiele für den TSG-Weg. Und wenn die Jungs sich dann entwickeln, dann wechseln sie zu größeren Vereinen. Und darauf sind wir stolz. Baumgartner, Süle, Maxi Beier – Ich könnte so viele Spieler nennen.“

Wie könnt Ihr es schaffen, dass das Interesse an der TSG wieder wächst?

„Wir müssen Feuer reinbekommen. Ich gebe Andi Schicker da vollkommen recht. Unser Stamm aus Fans ist kleiner. Wir müssen mit unserer Spielweise und der Vereinsphilosophie Ausrufezeichen setzen. Wie schaffen wir es, dass neutrale Zuschauer Lust auf die TSG bekommen? Das geht vor allem mit attraktivem Fußball und am besten mit guten Resultaten. Da müssen wir an die Zeit mit Julian anknüpfen. Es geht um jeden. Die Spieler, die Trainer, der Staff, die Mitarbeiter. Wir alle tragen Verantwortung. Wenn das klappt, starten wir eine Initiative und begeistern die Fans.“

Du gehörst zu den zehn Spielern in der Historie des Klubs mit den meisten Bundesliga-Spielen. Was bedeutet Dir das?

„Ich bin seit 2017 ein fester Bestandteil des Profi-Teams und habe hier wie gesagt einiges erlebt. Von Abstiegskampf über Champions League war alles dabei. Klar, ich bin stolz auf die Spiele. Ich bin stolz auf das, was wir als Team mit unterschiedlichen Spielern und unterschiedlichen Trainern erreicht haben. Lasst uns gemeinsam schauen, was die Zukunft bringt. So lange ich dieses blau-weiße Wappen auf meiner Brust trage, werde ich immer den maximalen Erfolg anstreben. Das TSG-Trikot bedeutet Verantwortung und Stolz. Dem will ich gerecht werden. Ich hatte viele Wegbegleiter und es kommen bestimmt noch viele dazu. Es gibt einige Personen, denen ich viel zu verdanken habe.“

In der öffentlichen Wahrnehmung hat man trotz der beeindruckenden Werte manchmal das Gefühl, dass Du etwas unter dem Radar läufst. Wenn es vor der Saison um eine mögliche Startelf geht, tauchst Du selten in Diskussionen auf, kommst am Ende aber doch immer auf Deine Spielzeit. Wie siehst Du das?

„Die Verantwortlichen wissen, dass ich den Verein sehr gut kenne und sie sich auf mich verlassen können. Das ist mit Sicherheit ein Vorteil. Ich bin ein Freund vom gesunden Konkurrenzkampf, ich glaube, man kommt da nochmal zu besseren Leistungen. Möge der Bessere spielen. Und es ist auch vollkommen klar, dass wenn für einen Spieler auf meiner Position Geld in die Hand genommen wird, es die Erwartung gibt, dass dieser Spieler zum Einsatz kommt. Wenn ein neuer Spieler in den Verein kommt, soll er sich präsentieren, soll zeigen, dass er ‚sein Geld wert ist‘. Und um wertvoll zu bleiben, brauchst du Spielzeit. So funktioniert der Transfermarkt. Das gilt auch für einen Klub wie die TSG, bei dem es immer um junge Spieler geht. Ich kam als Jugendspieler vom KSC und habe nicht viel Ablösesumme gekostet. Also wäre ein möglicher Verlust bei mir auch nicht so groß, wenn ich den Verein am Ende meines Vertrages mit 31 Jahren ablösefrei verlassen sollte. Aber ich glaube, dass ich mit meiner Einstellung und meinen Leistungen meinen Wert immer wieder verdeutlicht habe. Ich will immer spielen – und das gelingt mir sehr gut, wie die Statistiken zeigen. Wenn ich unzufrieden wäre, wäre ich nicht mehr hier. Aber ich fühle mich hier wohl und habe noch viel mit der TSG vor.“

War das schonmal anders? Hattest Du schonmal Wechselgedanken?

„Nein. Ich glaube, dass ich mich selbst am besten kenne und dass ich nie das Vertrauen in meine Fähigkeiten verliere. Ich bin auch nicht verunsichert, wenn ich auf der Bank sitze und nicht spiele. Weil ich weiß, dass ich immer einhundert Prozent geben werde, wenn ich gebraucht werde. Andere Leute sind dafür zuständig, die bestmögliche Mannschaft aufzustellen. So lange es nur um Leistung geht, werde ich nicht meckern, denn dann weiß ich, woran ich bin. Es gibt immer einen Weg zum Ziel. Bei mir waren es zum Beispiel die Leihen nach Düsseldorf oder Hannover. Die haben mir zu dem jeweiligen Zeitpunkt sehr geholfen. Damals wardie Konkurrenz in Hoffenheim zu groß für mich. Es gibt nicht den optimalen Weg für jeden Spieler, der optimale Weg ist immer unterschiedlich. Bei mir lief er so ab. Ich kann mich gut einschätzen und bin ein realistischer Mensch. Hier bin ich genau richtig. Die TSG weiß, was sie an mir hat und ich weiß, was ich an der TSG habe.“

Du bist ein reflektierter Mensch, der auch mal über den Tellerrand hinausschaut. Hat das schon immer in Dir gesteckt?

„Wenn das nicht schon immer da war, habe ich es mir sehr früh angeeignet. Ich war früher viel alleine, meine Eltern haben beide viel gearbeitet. In meiner Jugend musste ich viel selbst koordinieren. Wie komme ich zum Training? Wie klappt es mit der Schule? Dadurch habe ich gelernt, die Dinge sachlich zu sehen und nicht alles emotional anzugehen. Wenn Plan A nicht funktioniert, dann versuche ich Plan B. Das hat mit der eigenen Einstellung und dem Charakter zu tun. Wichtig ist: Ich weiß, was für mich persönlich am besten ist.“

Glaubst Du, dass Du vielleicht auch deshalb ein Vorbild für die jungen Spieler im Kader bist? Sie suchen immer wieder das Gespräch mit Dir.

„Ich glaube, dass ich als Person grundsätzlich erstmal mit jedem klarkomme. Das war früher so, als ich jung war und wir erfahrene Spieler wie Sejad Salihović hatten und ist auch heute so, da ich nun zu den erfahrenen Jungs gehöre. Mir sind die Herkunft, das Alter, das Aussehen oder sonstige Eigenschaften einfach egal. Ich versuche, immer happy zu sein und strahle das auch aus, glaube ich. Und ich bin mittlerweile eben einer der Älteren. Früher musste ich beim Kreis immer in die Mitte, weil ich der Jüngste war, jetzt bin ich bei einem Trainingsspiel, wenn wir Jung gegen Alt spielen, auf einmal bei den Alten. Aber so sehr sich meine Rolle auch verändert: Ich bin für jeden da und das wissen die Jungs. Mir sind Ehrlichkeit und Transparenz sehr wichtig, das will ich vorleben.“

Wie bist Du im Gespräch mit den Jüngeren? Eher der Kumpeltyp oder auch mal strenger?

„Ich bin ich. Ich verstelle mich nicht, das habe ich nicht nötig. Egal, ob es auf dem Platz ist oder außerhalb. Ich lebe meine Werte, die mir wichtig sind, vor. Die Frage ist dann eher, in welchem Ton man das macht. Wenn man es richtig rüberbringt, bleibt glaube ich viel mehr hängen. Da spreche ich auch aus eigener Erfahrung. Ich habe auch weggehört, wenn einer nur draufhauen wollte. Lieber gebe ich ein Beispiel mit, worüber nachgedacht wird. Es soll motivierend sein und nicht von oben herab. Ich will auch mit gutem Beispiel vorangehen.“

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