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·16. Oktober 2024
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Der FC Valencia, oft als Sorgenkind des spanischen Fußballs betitelt, hat in den letzten Jahren ein ständiges Auf und Ab erlebt. Ein seit Jahren andauernder Konflikt zwischen den Fans und Mehrheitseigner Peter Lim, ein ständiger Wechsel auf dem Trainerposten und sportliche Inkonstanz prägten den Klub. Doch in dieser Saison scheinen die Abstiegssorgen der Fledermäuse realer denn je.
In der vergangenen Spielzeit schien noch alles nach Plan zu laufen. Der FC Valencia landete am Ende auf dem neunten Platz und spielte lange um die europäischen Plätze mit. Am Ende der Saison jedoch büßte man etwas ein und holte aus den letzten sieben Spielen nur zwei Punkte. Positiv hervorzuheben ist die Entwicklung der Talente: Innenverteidiger Cristhian Mosquera entwickelte sich innerhalb einer Saison von der vierten Wahl zum unumstrittenen Stammspieler. Torhüter Giorgi Mamardashvili steigerte seine bereits starke Leistung und Flügelspieler Diego López machte erstmals im größeren Stile auf sich aufmerksam.
Taktisch wählte Coach Rubén Baraja in der letzten Saison häufig entweder ein 4-4-2 mit zwei Stoßstürmern, Hugo Duro und Leihgabe Roman Yaremchuk, oder ein 4-2-3-1, in dem wahlweise Javi Guerra oder André Almeida hinter einem Stürmer agierten. Dabei kristallisierte sich eine klare Doppelsechs aus Neuzugang Pepelu und Hugo Guillamón heraus, die über weite Strecken der Saison gesetzt war. Der FC Valencia verfolgte einen defensiveren Ansatz, der ohne viel Risiko im Pressing auskam – im Gegensatz zu Barajas Vorgänger Gennaro Gattuso. Man spielte häufig sehr defensiv, ließ wenig Abschlüsse zu und versuchte, schnell zu kontern oder lange Bälle zu spielen.
Die vermeintlich stabile Defensive zeigt sich in dieser Spielzeit allerdings sehr anfällig. Musste man in der letzten Saison noch durchschnittlich nur 1,18 Gegentore pro Spiel hinnehmen, sind es in dieser Saison bereits 1,44, was die sechsthöchste Anzahl in der Liga darstellt. Zwar hängt das teilweise mit Verletzungspech zusammen, da Innenverteidiger Mouctar Diakhaby und Kapitän José Gayá aktuell nicht zur Verfügung stehen, doch auch ohne diese Verletzungen ist die Hintermannschaft wacklig. Beide Seiten der Abwehr haben Schwierigkeiten, und wie im Vorjahr hat man enorme Schwierigkeiten beim Verteidigen von hohen Bällen und Flanken. Die Unerfahrenheit der Spieler ist deutlich zu erkennen: Das Durchschnittsalter der eingesetzten Innenverteidiger liegt bei nur 20,33 Jahren, und auch Linksverteidiger Jesús Vázquez ist erst 21 Jahre alt.
In der Offensive kann Star-Neuzugang Rafa Mir Yaremchuk bislang nicht ansatzweise ersetzen. Baraja wollte den Spanier seit letztem Sommer unbedingt verpflichten; die beiden kannten sich aus gemeinsamen Zeiten in Valencias A-Jugend, in der Mir 21 Tore erzielte. Dies geschah über die rechte Außenbahn, was auch in dieser Saison versucht wurde, allerdings auf Kosten der defensiven Stabilität. Auch abseits des Platzes sorgte Mir für negative Schlagzeilen: Aufgrund eines sexuellen Übergriffs läuft ein Gerichtsverfahren gegen ihn, für das er auch vom Klub sanktioniert wurde. Zudem plagt ihn eine Verletzung.
Dass Mir bislang noch ohne Treffer dasteht, führt uns zum Offensivproblem der Blanquinegros. Mit nur fünf Toren stellt man den zweitschlechtesten Angriff der Liga, trotz dreier Neuverpflichtungen. Neben Mir kamen auch Flügelstürmer Luis Rioja und Dani Gómez in die Stadt am Mittelmeer. Die schlechte Chancenverwertung wird durch mangelnde Kreativität zusätzlich verschärft: Der FC Valencia hat gerade einmal neun Abschlüsse pro Spiel und liegt in der xG-Statistik mit 5,7 erwarteten Treffern auf dem letzten Platz.
Rubén Baraja ist seit Februar 2023 Trainer des FC Valencia. (Photo by Juan Manuel Serrano Arce/Getty Images)
Um der abhanden gekommenen defensiven Stabilität entgegenzuwirken, stellte Baraja im letzten Ligaspiel gegen CD Leganés auf eine Fünferkette um. Das Ergebnis war ein torloses Unentschieden bei den Pepineros. Positiv war die Stabilität in der Hintermannschaft: Die Defensive hielt gut stand und ließ bis auf einen Pfostenschuss in den Schlussminuten nichts Gefährliches zu. Die beiden Offensivstars Juan Cruz und Sébastien Haller wurden gut im Griff gehalten. Allerdings ging dies erneut auf Kosten der ohnehin schwachen Offensive.
Die einzig gefährliche Chance für die Fledermäuse vergab Levante-Leihgabe Gómez. Abgesehen davon war man im letzten Drittel sehr ungefährlich. Auch das eigentlich spielstarke Mittelfeld aus Pepelu und Almeida machte aufgrund der mangelnden offensiven Optionen einen schwachen Eindruck.
Ob eine Trainerentlassung die richtige Lösung ist, lässt sich schwer sagen. Die Mannschaft vertraut Baraja und arbeitet gerne mit ihm zusammen. Zudem stellt sich die Frage, ob sich ein anderer Trainer aktuell den Schleudersitz an der Turia antun würde. Baraja hat bereits gezeigt, dass er sich anpassen kann – von 4-2-3-1 zu 4-4-2 und nun zur Fünferkette. Eine mögliche Lösung könnte ein Mittelfeld mit drei Spielern sein, das die Stärken von Schlüsselspielern wie Pepelu, Almeida und Guerra fördert.
Zudem erzielte Gómez im jüngsten Testspiel gegen Mexiko (2:2) beide Treffer und bewies damit, dass er durchaus ein Torjäger sein kann, den der FC Valencia insbesondere in der vergangenen zweiten Saisonhälfte schmerzlich vermisste. Auch mit der Rückkehr von Gayá gegen den kommenden Gegner Las Palmas (Montag, 21 Uhr) dürfte die Defensive wesentlich stabiler sein als mit Vázquez. Die Mannschaft hat definitiv die Qualität, um die Klasse zu halten, was sie nicht zuletzt in der vorangegangenen Saison unter Beweis gestellt hat.
Autor: Justin Beyer
. (Photo by Gonzalo Arroyo Moreno/Getty Images)
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