Miasanrot
·19. Dezember 2024
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Das Duell zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund im November 2019 wurde zum Auftakt in einer glorreiche und turbulente Zeit unter Hansi Flick.
Im Adventskalender schauen wir im Jahr 2024 auf die vergangenen 24 Jahre. Dabei entscheiden sich unsere Autor*innen für einen Moment, der aus ihrer Sicht besonders war. Das muss nicht immer zwangsläufig der größte und wichtigste, sondern kann und darf auch einfach mal ein sehr persönlicher Moment sein.
Selten war meine Vorfreude auf den Klassiker zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund mit so viel Sorge verbunden wie im November 2019. Doch Interimstrainer Hansi Flick hat das Bundesliga-Highlight für mich zum Strahlen gebracht und die gesamte Saison zum Guten gewendet.
Bayern – Dortmund ist das Spiel, das ich mir sofort nach Erscheinen des Spielplans dick im Kalender anstreiche, um es auf keinen Fall zu verpassen. Dafür brauche ich keinen fancy Namen und auch keine Meisterschaftsentscheidung. Die Ansetzung allein genügt. Ich verbinde einfach so viel damit. Schöne, aber natürlich auch schmerzhafte Erinnerungen. Auch in der aktuellen Saison war ich voller Vorfreude, obwohl relativ schnell klar war, dass der BVB kein Konkurrent um die Meisterschaft sein würde.
Anfang November 2019 war das etwas anders. Statt Begeisterung herrschte bei mir eher Unsicherheit vor. Einen Dortmunder Sieg in München hielt ich für möglich, die Bayern hätten im Kampf um die Meisterschaft dann langsam abreißen lassen müssen. So hatte ich mich vor dem Traditionsduell zuletzt in den erfolgreichen Klopp-Jahren beim Gegner gefühlt.
Eine Woche zuvor hatte der FC Bayern mit 1:5 in Frankfurt verloren und Trainer Niko Kovac entlassen. Gefühlt ging es seit dem Abgang von Pep Guardiola 2016 stetig bergab, was nun auch die Meisterschaft gefährden könnte. Kovac und Carlo Ancelotti funktionierten nicht, erst die kurzzeitige Rückkehr von Jupp Heynckes brachte uns wieder in die Nähe des Henkelpotts. Und nun sollte mit Hansi Flick alles besser werden? Ich war skeptisch!
Hans-Dieter Flick hatte im Jahr 2019 nicht viel mehr auf dem Résumé, als dass er die unterklassigen Hoffenheimer trainierte und lange Zeit als Co-Trainer von Joachim Löw bei der Nationalmannschaft tätig war. Bevor er Assistenz- und später Interimstrainer beim FC Bayern wurde, tauchte er noch einmal in Hoffenheim auf. Ein kurzes Gastspiel als Geschäftsführer Sport endete nach Kompetenzstreitigkeiten unrühmlich.
Flick schien nicht die Idealbesetzung für den Trainerstuhl in München zu sein. Ich weiß auch bis heute nicht, was ich von ihm halten soll. Einerseits war er sehr erfolgreich und ich fand ihn immer sehr sympathisch. Auf der anderen Seite verfolgt er stur eine einzige Spielidee, scheint nicht wirklich anpassungsfähig zu sein, hängt sehr an deutschen Spielern, die er von früher kennt, und seine Kabinenansprachen hauen mich nicht um.
Am 9. November 2019 scheint Flick aber die richtigen Worte gefunden zu haben. Seine Mannschaft zeigte, dass sie doch 200 km/h auf der Autobahn schafft und nicht nur 100, wie Flicks Vorgänger Kovac annahm. Der Kroate monierte, ihm würden die Spielertypen für ein hohes Gegenpressing à la Klopp fehlen. Genau das zeigte Bayern jedoch gegen Dortmund. Die Münchner verteidigten hoch, agierten risikofreudig und dominierten das Spiel von Beginn weg.
Bereits in der ersten Minute musste Roman Bürki in höchster Not gegen Robert Lewandowski retten. Eine gute Viertelstunde später konnte auch er das 1:0 des Polen nicht mehr verhindern. Kurz nach dem Seitenwechsel erhöhte Serge Gnabry auf 2:0. Die Gäste kamen im gesamten Spiel nur zu einer guten Möglichkeit, die Paco Alcácer etwas ungeschickt vergab. Da auch die Bayern ihre Chancen nicht konsequent zu Ende spielten, dauerte es bis in die Schlussphase, ehe erneut Lewandowski und Mats Hummels per Eigentor auf 4:0 erhöhten. Ein Ergebnis, das das “Interim” aus dem Flick-Titel verschwinden ließ.
Flick legte mit vier Siegen einen Traumstart hin. Vor dem Dortmund-Spiel gab es ein mühsames 2:0 in der Champions League gegen Piräus, danach zwei hohe Auswärtssiege in Düsseldorf und Belgrad. Im Nachhinein könnte man meinen, man sei sofort auf den Highway Richtung Triple abgebogen, doch weit gefehlt. Die Krise war noch lange nicht überwunden.
Es folgten nämlich Niederlagen gegen Bayer Leverkusen und Tabellenführer Borussia Mönchengladbach. So standen die Bayern nach dem 14. Spieltag auf dem siebten Tabellenplatz und der Rückstand auf die Spitze betrug bereits sieben Punkte. An den letzten drei Spieltagen brauchte es jede Menge Glück und zwei späte Tore von Jungstar Joshua Zirkzee, um den Anschluss bis zur Winterpause nicht völlig zu verlieren.
Zirkzee sicherte spät die Siege in Freiburg und gegen Wolfsburg und so fehlten zum Jahreswechsel lediglich vier Punkte auf Wintermeister Leipzig. Aus der Pause kamen die Bayern dann, so wie wir alle die Triple-Saison in Erinnerung haben. Eine offensiv starke und selbstbewusste Mannschaft pflügte durch die Saison. In den restlichen 26 Spielen gab es auf dem Weg zu den drei Titel 25 Siege. Nur beim Bundesliga-Topspiel bei RB Leipzig musste man sich mit einem 0:0 begnügen.
Das 4:0 gegen den Erzrivalen aus Dortmund war also noch nicht die totale Wende und Flick konnte auch nicht per Hand auflegen alles ändern. Aber es war ein Vorgeschmack und einer der ersten Höhepunkte einer überragenden Saison.