1:4 des 1. FC Köln gegen Freiburg: 45 Minuten Anwesenheit reichen nicht für die Bundesliga | OneFootball

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·11. Mai 2021

1:4 des 1. FC Köln gegen Freiburg: 45 Minuten Anwesenheit reichen nicht für die Bundesliga

Artikelbild:1:4 des 1. FC Köln gegen Freiburg: 45 Minuten Anwesenheit reichen nicht für die Bundesliga

Scheiße. Die so prägnante wie wenig druckreife Einschätzung des Ergebnisses gegen den SC Freiburg hatte Jonas Hector mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht exklusiv. Noch reichlich angesäuert gab der Kapitän des 1. FC Köln nach der deutlichen, aber auch vermeidbaren 1:4-Niederlage gegen die Gäste aus dem Schwarzwald die ersten Interviews. Der Ärger auf den Schiedsrichter, der den „Geißböcken“ den vermutlich regulären Ausgleichstreffer wegpfiff, war groß, der Ärger auf die eigene Leistung in der ersten Hälfte ebenso. Mit einer leblosen Vorstellung, die mit Abstiegskampf so rein gar nichts zu tun gehabt hatte, handelte sich der FC einen verdienten 0:2-Pausenrückstand ein.

„Wir haben eine schlechte erste Hälfte gespielt. Alle, die auf dem Platz waren, hatten eine schlechte Intensität. Das war nicht das, was wir auf den Platz bringen wollten und was in der Situation angebracht ist“, unterstrich auch Hector die berechtigte Kritik an der Darbietung in den ersten 45 Minuten, als die Mannschaft von Trainer Friedhelm Funkel nicht den Eindruck machte, den Ernst der Lage erkannt zu haben. Oder aber vom Ernst der Lage an diesem Sonntagmittag erdrückt zu werden. „Da haben wir es uns im Vorhinein vielleicht ein bisschen zu leicht gemacht, weil wir zwei Siege in Folge eingefahren haben“, gab der FC-Kapitän einen kleinen Einblick in das Seelenleben seiner Mannschaft, die in der zweiten Hälfte mit einer klaren Leistungssteigerung noch in die Nähe eines Punktgewinns kam.


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Keine Sicherheit, keine Gegenwehr

Letztlich erwies sich die Hypothek aus der bodenlos schwachen ersten Hälfte als zu hoch. Der FC, im Vergleich zum 3:2-Auswärtssieg in Augsburg nur auf einer Position (Kingsley Ehizibue kehrte nach Gelbsperre zurück in die Startelf, Benno Schmitz blieb nur ein Bankplatz) verändert, fand zu Beginn der Partie überhaupt nicht ins Spiel. Die taktisch enorm gut eingestellten Gäste, nach der Pleite in Berlin unter der Woche nun in einem klaren 4-4-2 mit Petersen und Demirovic in vorderster Front unterwegs, schnürten bei sommerlichen Temperaturen den „Geißböcken“ schnell die Luft ab, setzten insbesondere den immer noch wackligen Spielaufbau der Kölner früh unter Druck. Den Stresstest bestand das Funkel-Team vor allem in der ersten halben Stunde nicht, gerade fußballerisch offenbarten die Gastgeber eklatanten Schwächen.

“Wir haben die schlechteste Hälfte gezeigt, seit ich hier bin. Wir fahren fahrig und haben keine Sicherheit bekommen.”

„Wir haben nicht gut angefangen und die bisher schlechteste Hälfte gezeigt, seit ich hier bin. Wir waren fahrig, haben viele einfache Bälle verloren und dadurch keine Sicherheit bekommen“, konstatierte auch Trainer Friedhelm Funkel. Die Konsequenz: Nach 45 Minuten stand nicht nur ein 0:2 zu Buche, sondern auch kein einziger eigener Torschuss für die „Geißböcke“, die sich allerdings auch in den Kerntugenden nicht bundesliga-tauglich präsentierten. In den wichtigen Duellen zogen die Kölner zu oft den Kürzeren, wenn sie überhaupt in die Zweikämpfe kamen. Druck auf den ballführenden Freiburger konnte der FC nur sehr selten aufbauen, die im Abstiegskampf notwendige Galligkeit ging dem Team komplett ab. Vor dem 0:1 patzte Ellyes Skhiri, doch auch vor und nach dem fatalen Ballverlust verteidigte das Funkel-Team nicht konsequent genug gegen Petersen. Das kurz danach folgende zweite Gegentor war eine Fehlerkette, die Demirovic eiskalt ausnutzte.

Der ballferne Pfosten ist für den FC Lava

Es waren die Gegentore 57 und 58 (in der Nachspielzeit sollten noch 59 und 60 fallen), die dem FC den Stecker zogen. War vom Selbstbewusstsein nach zwei Siegen in Serie zuvor vielleicht ein wenig zu viel zu merken, zeigte sich nun die komplette Verunsicherung bei den „Geißböcken“, die noch Glück hatten, nicht mit einem höheren Rückstand in die Kabine geschickt zu werden. Freiburg konzentrierte sich nach dem Spiel unter der Woche vermehrt auf Ergebnisverwaltung, setzte aber immer wieder offensive Nadelstiche, ohne all zu sehr auf das 3:0 zu drängen. Mehr als offensichtlich war der Qualitätsunterschied beider Mannschaften zu sehen, was besonders die taktischen Abläufe anbetrifft. Trotz der Umstellung von der 3-4-3-Grundordnung auf ein 4-4-2-System mit Doppelsechs agierten die Freiburger schon gewohnt stark als Kollektiv, konnten vor allem über die Außenbahn über die auffälligen Roland Sallai und Vincenzo Grifo Akzente setzen.

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Es offenbarte sich einmal mehr ein Problem, das sich durch die Saison zieht: In der Viererkette des 1. FC Köln passt es nicht, besonders die Außenpositionen des Abwehrverbundes sind den Aufgaben nur bedingt gewachsen. Wie einfach sich Rafael Czichos und Jannes Horn vor dem 0:2 von ihren Gegenspielern düpieren ließen, wie die Zuordnung einmal mehr derart durcheinander geriet, dass der ballferne Pfosten nahezu ungedeckt zur Gefahrenzone wird. Es ist vermutlich nicht mehr an beiden Händen abzuzählen, wie oft der FC ein Gegentor kassiert, weil die Zielverteidigung bei einer Hereingabe nicht über das Zentrum hinausreicht. Vielleicht ist der ballferne Pfosten für den FC auch einfach Lava. Und auch wenn die beiden Treffer am Ende der Partie dem Spielverlauf geschuldet waren: Die blanken Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, der 1. FC Köln hat mit bereits 60 Gegentoren nach Schalke 04 (80) die schlechteste Defensive der Bundesliga.

Das liegt an kollektiven Problemen wie beim 0:2, als gleich mehrere FC-Profis schlecht aussahen. Das liegt an individuellen Aussetzern wie vor dem ersten Gegentreffer, als Skhiri im eigenen Strafraum die spielerische Lösung suchte und damit das Unheil auslöste. „Das kann immer passieren. Aber in einer solchen Situation musst du den Ball natürlich auch einmal aus den Sechzehner heraushauen, nicht immer nur spielerische Lösungen suchen“, sprach auch Friedhelm Funkel nach der Partie von einem kapitalen Fehler des Tunesiers, der 2021 bisher der wohl formstärkste und stabilste Spieler der „Geißböcke“ war. Auch deshalb war es für die Kölner doppelt bitter, dass ein Eckpfeiler derart schwer patzte und danach sichtlich mit sich zu kämpfen hatte. Schon zuvor hatte Freiburg den Mittelfeldmotor der Kölner als bevorzugtes Ziel ausgemacht, um die spielerischen Qualitäten des Abräumers nicht zur Geltung kommen zu lassen.

Auch ein zweiter Leistungsträger der vergangenen Woche wurde an diesem dramatischen Sonntagmittag zur tragischen Figur: Ondrej Duda, zuletzt als Antreiber der Kölner Mannschaft ebenso unverzichtbar wie als sicherer Elfmeterschütze, vergab vom Punkt die große Chance zum Ausgleich, rutschte bei der Ausführung des Strafstoßes unglücklich aus, schoss sich den Ball gegen das eigene Bein und verfehlte dadurch das Freiburger Tor. „Er macht sich selber die größten Vorwürfe“, nahm Funkel den slowakischen Spielmacher nach dem Fehlschuss in Schutz. Es wäre die vorläufige Krönung einer Aufholjagd gewesen, die sich der FC durch eine deutliche Leistungssteigerung nach der Pause erarbeitet hatte. Es sollte einfach nicht sein – und das hatten sich die „Geißböcke“ gegen Freiburg größtenteils selbst zuzuschreiben.

45 Minuten reichen nicht für die Bundesliga

Denn: Wie schon in Augsburg spielte das Funkel-Team nur eine Halbzeit so wirklich mit. Hatte der FC sich beim Auswärtssieg in der Fuggerstadt zu seinem Glück einen ordentlichen Vorsprung herausgeschossen, der dennoch noch einmal in Gefahr geriet, mussten die Kölner diesmal einem Rückstand hinterherlaufen, der letztlich nicht mehr aufzuholen war. Die Leistungssteigerung nach dem Seitenwechsel war spürbar, doch reichte am Ende nicht aus, um nach einer desolaten Vorstellungen vor der Pause noch etwas Zählbares mitzunehmen. „Zu langsam, zu behäbig“ habe sein Team gespielt, ordnete Friedhelm Funkel ein und deutete bei sommerlichen Temperaturen ein Donnerwetter in der Kabine an: „Ich habe der Mannschaft gesagt, wir müssen ein anderes Gesicht zeigen, wir müssen den inneren Schweinehund überwinden, wir müssen gegen die Hitze ankämpfen, wir müssen schneller spielen. Das hat die Mannschaft in der zweiten Halbzeit auch viel, viel besser gemacht.“

“Ich habe der Mannschaft gesagt, wir müssen ein anderes Gesicht zeigen, wir müssen den inneren Schweinehund überwinden.”

Das Lob hatte auch mit einer personellen Umstellung zu tun: Ismail Jakobs kam zur Pause und verlieh den Angriffen der „Geißböcke“ deutlich mehr Tempo und Tiefe. Seine Hereingabe kurz nach Wiederbeginn verwandelte Sebastian Andersson mit einem herausragenden Abschluss zum Anschlusstreffer, sein Lauf in die Tiefe endete mit einem Fall im Strafraum und sorgte so für die Ausgleichschance per Elfmeter. Dass im Anschluss an den vergebenen Strafstoß offensiv beim FC nicht mehr viel ging, war allerdings nicht nur dem psychologischen Tiefschlag zu verdanken: Nach etwas mehr als einer Stunde war für Andersson, der im Vorfeld der Partie aufgrund seiner chronischen Kniebeschwerden wieder einmal nur dosiert trainieren konnte, Schluss, ohne den schwedischen Sturmtank fehlte es den Gastgebern an der nötigen Wucht und Qualität im letzten Angriffsdrittel. „Extremen Aufwand“ müsse der FC betreiben, wie Kapitän Jonas Hector feststellte, die Belohnung dafür blieb einmal mehr aus.

Schuld sind nicht die anderen

Das lag auch (und die Betonung liegt hier sehr auf dem auch) am Unparteiischen Marco Fritz, der gegen Ende der Partie entscheidend in den Spielverlauf eingriff: Hector legte einen langen Ball an der Strafraumgrenze mit der Schulter (oder doch dem Arm?) auf Thielmann ab, der Kölner Youngster schoss wuchtig zum vermeintlichen Ausgleich für verzweifelt angreifende „Geißböcke“ ein. Der Schiedsrichter entschied auf „Hand“, verweigerte dem Treffer ebenso seine Anerkennung wie einen angesichts der Bedeutung der Entscheidung angebrachten Gang in die Review Area. Eine knappe Kiste, auch nach mehrfacher Ansicht der TV-Bilder: Viele FC-Fans wie auch der beteiligte Spieler verorten den Ballkontakt an Hectors Schulter, andere sehen den Kölner Kapitän mit dem Arm am Spielgerät. An der Entscheidung ändern die immer noch andauernden Diskussionen um diese Szene nichts mehr, der Pfiff des Schiedsrichters besiegelte zusammen mit den beiden Gegentoren, die danach noch fielen, die nächste Niederlage des Funkel-Teams.

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So lautstark (und vermutlich auch berechtigt) die Klagen über das weggepfiffene Tor auch ausfielen: Wer eine solche Hälfte anbietet wie der 1. FC Köln vor dem Gang in die Kabine, der sollte mit einer Schiedsrichterschelte vorsichtig sein. Wer nur einen einzigen bundesliga-tauglichen Mittelstürmer im Kader hat, der darüber hinaus bereits seit April 2020 (und damit vor dem sieben Millionen teuren Transfer) an Knieproblemen laboriert, sollte sich Anwürfe Richtung DFB sparen. Wer monatelang an einem sichtlich überforderten Trainer festhält, braucht sich über zweifelhafte Entscheidungen eher nicht zu beklagen. Sollten die „Geißböcke“ in zwei Wochen zum siebten Mal in 23 Jahren den Gang in die 2. Bundesliga antreten müssen, dann war es nicht Marco Fritz und sein umstrittener Pfiff, der daran Schuld ist. Sollte der FC den Kampf um den Klassenerhalt nicht erfolgreich zu Ende bringen können, dann hat er sich das einzig und allein selbst zuzuschreiben.

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