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FC Bayern München

·18. Mai 2024

Die Woche ihres Lebens - Teil 8: München in Ekstase

Artikelbild:Die Woche ihres Lebens - Teil 8: München in Ekstase

Vor 50 Jahren gewann der FC Bayern in nur acht Tagen als erste deutsche Mannschaft den Meister-Hattrick und den Europapokal. Das Mitgliedermagazin „51" blickt auf vier unvergessliche Spiele und vergessene Momente abseits des Platzes im Mai 1974 zurück. In Teil 8 erinnern wir uns an das Bundesliga-Spiel in Mönchengladbach am Tag nach dem Europapokal-Finale und wie 80.000 Menschen auf den Straßen Münchens ihren Bayern zujubelten.

Samstag, 18. Mai

1973 hatte sich Paul Breitner nach dem Meistersieg noch scherzhaft gefragt, ob „in diesem Scheiß-Verein keiner feiern kann“. Ein Jahr später lässt es die Mannschaft bis zum Frühstück krachen. „Wir haben noch Karten gespielt und ein paar Dutzend Spiegeleier aufs Zimmer bestellt“, erzählt Breitner. Um acht Uhr morgens springen Sepp Maier, Jupp Kapellmann und Katsche Schwarzenbeck in den Swimmingpool des Hotels, um sich zu erfrischen. Am Vormittag fährt die Münchner Expedition mit dem Bus die 180 Kilometer von Brüssel zum Gladbacher Bökelberg. Im Gepäck den Europapokal und nur wenige Stunden Schlaf.


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Während das Team unterwegs ist, bringt die Frau von Conny Torstensson in Schweden ihr erstes Kind zur Welt. Der übermüdete „Mr. Europapokal“ erfährt erst einige Stunden später davon. In Gladbach sitzen die Bayern noch vor dem Hotel auf der Wiese und trinken ein Weißbier. Die Borussia-Fans, die zum nahen Stadion ziehen, jubeln den Bayern zu. „Dass uns die gegnerischen Fans feiern, war etwas Besonderes“, erinnert sich Rainer Zobel. Ganz Fußball-Deutschland war vereint. Ein guter Auftakt für die Heim-WM.

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Auf das Spiel bereitet sich das Team kaum vor. „Wir können unbeschwert aufspielen, das ist viel wert“, meint Bayern-Trainer Udo Lattek. „Meine Spieler haben vor, Jupp Heynckes am Torerfolg zu hindern, damit Gerd Müller erneut der erfolgreichste Torschütze der Bundesliga wird. Vielleicht gelingt uns bei Verfolgung dieses Zieles einiges mehr.“

Manager Schwan löst Purzelbaum-Versprechen ein

Eine halbe Stunde immerhin halten die Bayern durch, dann treffen die Fohlen in nur 15 Minuten viermal ins Netz: Jupp Heynckes, Allan Simonsen, Rainer Bonhof und noch einmal Jupp Heynckes. Udo Lattek hält bei jedem Gegentor den Europapokal in die Höhe. „Wir haben auf der Trainerbank bei jedem Tor nur noch gelacht“, erzählt er später. Manager Robert Schwan hatte der Mannschaft versprochen, im Falle des Europacup-Siegs auf dem Spielfeld einen Purzelbaum zu schlagen. Nach dem Triumph verspricht Schwan zunächst jedem Spieler 10.000 Mark, wenn er den Purzelbaum nicht ausführen müsse. 20 Minuten vor dem Anpfiff auf Bökelberg aber schreitet er zur Tat – allerdings so schnell und unauffällig, dass es fast unbemerkt bleibt. Franz Beckenbauer ist vom Tempo des Spiels sehr angetan: „So wie heute kann ich noch 25 Jahre spielen.“

Jupp Heynckes zieht durch das 0:5 mit Gerd Müller gleich in der Torschützenliste, beide haben am Ende 30 starke Tore. Müller läuft in der zweiten Halbzeit gar nicht mehr auf und meint später: „Was macht das schon?“

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„Auf dem europäischen Gipfel": Die Bayern feierten nach ihrem Europapokal-Triumph ausgelassen.

Zehntausende Fans feiern in der Münchner Innenstadt

Am Flughafen verlässt Conny Torstensson die Mannschaft und fliegt zu seiner Familie in den Norden. Er verabschiedet sich von Maier und Beckenbauer mit den Worten: „Wir sehen uns im WM-Finale.“ Um 20:35 Uhr landet das Flugzeug in München-Riem. In neun offenen Sportwagen geht es in Richtung Innenstadt. 50.000 Bayern-Fans säumen die Straßen. Auf dem Marienplatz warten 30.000 Menschen, der Oberbürgermeister und Esel Seppi, seit den späten 60er Jahren das erste Bayern-Maskottchen. Die Stimmung ist gewaltig. Einziger Wermutstropfen: Weil die Ehrung auf einem niedrigen Podium stattfindet, sehen die wenigsten Fans etwas. Sie klettern auf Brunnen, Ampeln und Stromkästen, singen „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ und „Ja, wir san mit’m Radl da“. Immer wieder ertönen Rufe: „Auf den Balkon, auf den Balkon!“ Und so wird am Ende dieser unglaublichen Woche eine Tradition geboren.

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Nach dem Finale ist vor dem Finale. Präsident Neudecker und Robert Schwan machen Kassensturz. Gut 450.000 Mark hat der FC Bayern eingenommen. Jeder Spieler erhält 30.000 Mark für den Europapokal und mehr als 10.000 Mark für den Meistertitel. „Wenn wir gewinnen, mache ich gerne Manko“, sagt Neudecker.

Trainer Lattek geht zu Fuß von Nürnberg nach München

Am Montag, den 20. Mai, verlängert Rainer Zobel seinen Vertrag bis 1976. Trainer Udo Lattek hatte im Falle des Europapokal-Siegs versprochen, zu Fuß von Nürnberg nach München zu gehen. Nach dem Triumph diskutiert er öffentlich mit Präsident Neudecker, ob nicht die Wanderung von Ingolstadt nach München reiche, Neudecker bleibt hart. Lattek darf die 170 Kilometer in zwei Etappen und mit zweiwöchiger Pause absolvieren. Später findet er noch einen besseren Trick und wandert 38 Kilometer von Nürnberg in ein kleines Dorf, das ebenfalls München heißt.

Die Nationalspieler treten den Urlaub an. Der Restkader um Zobel und „Bulle“ Roth absolviert noch elf „Privatspiele“, unter anderem gegen Lohhof und Bayerbach. Sepp Maier fährt an die Mosel, Gerd Müller „geheim in den Süden“ und Uli Hoeneß nach Südtirol „zur aktiven Erholung. Ich wohne in 1.000 Meter Höhe und will täglich etwas für die Kondition tun.“

Am 28. Mai beginnt das WM-Trainingslager in Malente. Nach den Triumphen beweisen die Bayern eine große Klarsicht auf die großen Erfolge und Fußballdramen, die da kommen werden. „Sollte die deutsche Mannschaft Weltmeister werden, wird es schwierig sein, die Spieler wieder für den Bundesliga-Alltag zu motivieren“, befürchtet Udo Lattek.

„Jetzt habe ich in meiner Laufbahn alles gewonnen, bis auf den Weltmeistertitel“, sagt Franz Beckenbauer: „Aber der liebe Gott wird das wohl richten …“

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